Unser großer Jahresurlaub 2019 war gar nicht sooo groß, zumindest verglichen mit den Vorjahren. 2020 wollen wir uns nämlich endlich unseren Traum von Japan erfüllen, und darauf sparen wir. So war das erste Suchkriterium für die Reise 2019 also tatsächlich "Wie teuer ist sie?" Nichtsdestotrotz hatten wir beim Stichwort "Holland" schöne Bilder von Windmühlen, Tulpenfeldern und beschaulichen Grachten im Kopf, sowie Käsegeruch in der Nase. Und so buchten wir auch in diesem Jahr eine organisierte Gruppenreise, diesmal zu einem nicht ganz so fernen Ziel.
Früh am Vormittag brachen wir zunächst nach Köln auf, wo wir noch kurz einen Bekannten trafen. Von dort aus ging am frühen Nachmittag die Reise weiter in Richtung Delft, wo sich für die gesamte Woche unser Hotel befinden sollte. Im Gegensatz zu den bisherigen Gruppenreisen, mussten wir diesmal nicht alle ein bis zwei Tage den Standort wechseln, sondern blieben ortstreu und steuerten von Delft aus alle weiteren Ziele an.
Mit dieser Entscheidung der Organisatoren sind wir absolut nicht unglücklich, denn das Hotel Leeuwenbrug (Löwenbrücke) in Delft überzeugte uns schnell. In einer ruhigen Straße direkt an einer Gracht gelegen, bot es nicht nur ein idyllisches Quartier, sondern auch sehr guten Service, denn mehr als einmal erwartete uns bei unserer Rückkehr nach einem gefüllten Tagesprogramm ein gedeckter Tisch mit Früchten, Käse oder Süßigkeiten.
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Sehr viel von Delft bekamen wir am ersten Tag noch nicht zu sehen. Natürlich machten wir bereits einen kleinen Erkundungsspaziergang, doch die große Delft-Stadtführung sollte erst das Programm für den dritten Reisetag bilden.
Am zweiten Tag zog es uns stattdessen nach Den Haag, was aber nur einer Entfernung von rund 12 Kilometern entspricht. Nach einem kurzen Spaziergang durch das Regierungsviertel, suchten wir dort in erster Linie ein wichtiges Kunstmuseum auf: Das Mauritshuis.
In einem alten Adelspalast untergebracht, beherbergt das Mauritshuis die königliche Kunstgalerie: Werke bedeutender niederländischer Maler können hier bestaunt werden - nicht nur Bilder von Rembrandt, sondern auch solche des Delfter Künstlers Jan Vermeer. So sahen wir nicht nur sein berühmtestes Werk Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge, sondern auch seine Ansicht von Delft, in der wir die Stadt tatsächlich wieder erkennen konnten, obgleich seither rund 350 Jahre vergangen sind.
→ Mehr Infos über das Mauritshuis: Offizielle Homepage (englisch)
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Und nach einer ausgiebigen Besichtigung des Museums, gönnten wir uns noch einen Abstecher nach Scheveningen, einen Stadtteil von Den Haag, direkt an der Nordsee. Dort genossen wir einen kurzen Spaziergang am Strand, filmten Möven und Wellen, und versuchten, die hässlichen Hotelburgen im Hintergrund so weit wie möglich zu ignorieren.
Weitere Fotos auf Flickr: Scheveningen
Am dritten Tag war es dann so weit: Wir durften "unser" Delft genauer kennenlernen! Zu Fuß unternahmen wir vormittags einen ausgiebigen Rundgang zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten, danach sollte der Nachmittag zu unserer freien Verfügung stehen.
Wenn man in einer niederländischen Stadt unterwegs ist, dann muss man sich eine Regel dringend merken: Der Radfahrer hat immer Recht! Klingelt es also von hinten, dann heißt es, schnell zur Seite zu treten, bevor der Drahtesel vorbeirauscht. Tatsächlich stehen in den Niederlanden drei Personengruppen unter besonderem königlichem Schutz: Radfahrer, Kinder und Geistesgestörte - na, also immerhin auch ich!
Es gibt in Delft zwei wichtige Kirchen: Die Oude Kerk (Alte Kirche) aus dem 11. Jahrhundert sowie die Nieuwe Kerk (Neue Kirche) aus dem 14. Jahrhundert - sooo neu ist die Neue Kirche also auch nicht mehr, aber zumindest neuer als die Alte Kirche.
Wir besuchten zunächst die Alte Kirche und stellten bei ersten Blicken von außen fest, dass der Kirchturm - der so genannte "Schiefe Jan" - tatsächlich annähernd so schief ist, wie der berühmte Schiefe Turm von Pisa. Die Neigung kommt daher, dass die Kirche aus Platzgründen auf einem zugeschütteten Kanal gebaut wurde. Unter dem schweren Gebäude sackte der weiche Grund ab, und der Turm kippte noch im Bau zur Seite. Die damaligen Baumeister ließen sich davon nicht beirren und bauten einfach weiter. Über Jahrhunderte hielt sich dann die Angst, der Turm könnte eines Tages komplett umstürzen, so dass es im 19. Jahrhundert sogar Pläne für einen Abriss gab. Doch stattdessen stabilisierte man den Turm, und heute ist er eine Sehenswürdigkeit.
Im Inneren der Kirche entdeckten wir auch das Grab des Malers Vermeer, welches überraschend klein ausgefallen ist, da der Künstler seinerzeit in sehr ärmlichen Verhältnissen verstarb.
Zwischen den beiden Kirchenbesichtigungen schoben wir einen Besuch bei De Candelaer ein, einer Manufaktur für das weltberühmte blaue Delfter Porzellan. Wir bekamen die Möglichkeit, dem Meister bei der Arbeit über die Schulter zu schauen, und durften hinterher natürlich auch fleißig einkaufen.
→ Mehr Infos über De Candelaer: Offizielle Homepage (englisch)
Und danach ging es, zum Abschluss des geführten Rundgangs, weiter zur Neuen Kirche. Dort konnten wir nicht nur die schönen Buntglasfenster bestaunen, sondern auch das prunkvolle Königsgrab von König Wilhelm I. von Oranien.
Im Anschluss an die Kirchenbesichtigung entließ uns der Reiseleiter in den freien Teil des Tages. Diesen begannen wir mit einem Stück Apfelkuchen in einem Café am Marktplatz, bevor wir zu einer Grachtenrundfacht starteten. In rund einer Stunde fuhr das kleine Boot die Kanäle entlang, inklusive Kommentar, was es links und rechts zu sehen gibt.
Weiter ging die Erkundungstour zu Fuß, denn bei der Anreise hatten wir vom Hotel eine kleine Broschüre über die Stadt erhalten. Darin hatten wir eine Liste der zehn interessantesten Photo Points entdeckt und beschlossen, diese alle nacheinander abzuklappern. Darunter befinden sich zahlreiche Blicke über die Grachten, meist mit Kirchturm im Hintergrund, aber auch die Ansicht, die Vermeer in seinem Gemälde verewigte, oder ein Blick auf das letzte alte Stadttor. Und den krönenden Abschluss bildete eine Luftaufnahme vom Turm der Neuen Kirche.
Weitere Fotos auf Flickr: Delft
Am vierten Tag ging es schließlich in die Hauptstadt: Amsterdam erwartete uns!
Als erstes steuerten wir das Rijksmuseum (Reichsmuseum) an, in dem uns weitere wichtige Gemälde vor allem von Rembrandt erwarteten, darunter die berühmte Nachtwache.
→ Mehr Infos über das Rijksmuseum: Offizielle Homepage
Nachdem uns der Reiseleiter die wichtigsten Bilder gezeigt und erklärt hatte, erhielten wir freie Erkundungszeit im Museum, und im Anschluss fuhren wir mit der Straßenbahn in die Innenstadt. Dort steuerten wir zunächst ein sehr gutes Restaurant an, in dem man uns ein Mittagsmenü in drei Gängen kredenzte.
Frisch gesättigt, führte uns der Reiseleiter zunächst als kleinen Bonus über den Beginenhof, welcher eigentlich nicht offiziell zum Programm gehört, aber da er fast um die Ecke liegt, bot er sich natürlich gut für eine kurze Besichtigung an.
Weiter ging es zum Hauptplatz von Amsterdam, der einfach nur Dam heißt. Hier befinden sich zahlreiche wichtige Gebäude, wie der Königliche Palast, die Liebfrauenkirche, das Nationalmonument sowie mehrere gehobene Kaufhäuser. Sie alle konnten wir hier mit einem Rundumblick betrachten.
Zum Abschluss unternahmen wir einen kleinen Spaziergang über den Blumenmarkt. Dort bekamen wir nicht nur die berühmten Tulpen aus Amsterdam zu Gesicht, sondern lernten auch die andere Seite des interessanten Angebots kennen: Cannabis Starter Sets! Drogen ganz normal auf dem Markt!
Der Reiseleiter klärte uns auch direkt auf, was es mit dem Rauschgift auf sich hat: Tatsächlich sind alle Arten von Drogen auch in den Niederlanden verboten. Nur wird Verkauf, Besitz und Konsum von weichen Drogen wie Cannabis nicht verfolgt: Die Hüter des Gesetzes haben besseres zu tun, als sich um die "kleinen Fische" zu kümmern. Und die Drogenszene wird bewusst nicht in den Untergrund gedrängt, einfach damit man sie besser beobachten kann und bei Bedarf jederzeit einschreiten könnte. Verkauft wird das Cannabis übrigens nur gegen Vorlage eines niederländischen Passes. Zwar könnte man bei einigen Händlern auch als Ausländer gute Chancen haben, so unser Reiseleiter, aber er riet uns nachdrücklich davon ab, es zu probieren: Spätestens bei einer unwahrscheinlichen, aber durchaus möglichen Buskontrolle auf der Rückreise nach Deutschland, gäbe es sehr große Probleme!
Und um alle Missverständnisse im Keim zu ersticken: Wir haben natürlich keine Drogen gekauft, und wir hatten auch nicht vor, es überhaupt zu probieren. Interessant war es aber schon, die Angebote zu sehen - spätestens ein Laden, der Cannabis in Form von Schokolade, Keksen und Lutschern verkaufte, ließ uns vollends aus den Latschen kippen!
Tja, und dann fuhren wir wieder zurück nach Delft, denn die weltberühmten Grachten von Amsterdam standen nicht auf dem Programm - lediglich auf eine durften wir im Vorbeigehen einen Blick erhaschen. Dass die Grachten fehlten, können wir uns nur dadurch erklären, dass wir ja schon genügend Kanäle in Delft hatten, man wollte wohl für ausreichende Abwechslung sorgen und uns nicht mit zu viel vom Gleichen langweilen. Bei genauerem Nachdenken im Ansatz nachvollziehbar, aber die Reisegruppe war verständlicherweise doch enttäuscht. Darüber konnte auch das Eis, das uns nach unserer Rückkehr im Hotel erwartete, nur bedingt hinwegtrösten.
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Auch der fünfte Tag war Käse, aber zum Glück nicht sprichwörtlich, sondern tatsächlich, denn wir unternahmen einen Ausflug nach Gouda - ja, die Stadt heißt wirklich wie der bekannte Käse, denn dieser wird eben im Umkreis der Stadt hergestellt.
Nach unserer Ankunft in Gouda wollten wir zunächst das Rathaus besichtigen, welches immerhin als das schönste Rathaus der Niederlande gilt. Von außen konnten wir diese Angabe leicht überprüfen, von innen leider nicht, da ein Türsteher dem verdutzten Reiseleiter kurz und knapp eröffnete, dass das Rathaus heute geschlossen sei. Schade, aber zumindest konnten wir das Glockenspiel miterleben, das alle halbe Stunde an der Außenfassade abgespielt wird.
Weiter ging es dann in die gotische Sint Janskerk (Johanneskirche), die vor allem für ihre Glasfenster bekannt ist.
Und schließlich endete die Stadtbesichtigung mit Käse: Unser Reiseleiter führte uns in einen Käseladen, der seiner Aussage zufolge den besten Käse der Niederlande verkaufen sollte. Zumindest die Vielfalt war hier tatsächlich beeindruckend: Neben "normalem" Gouda in unterschiedlichen Altersklassen, gab es auch diverse mehr oder minder exotische Geschmacksrichtungen. Neben Pfeffer, Chili oder Trüffeln entdeckten wir auch grünen (!) Pesto-Gouda, und zu unserer Überraschung (eigentlich sollte es uns ja gar nicht wundern) gab es sogar Hanf-Gouda. Geschmackstests der meisten Sorten (natürlich nicht von dem Drogenkäse) überzeugten uns, und so deckten wir uns hier mit reichlich Gouda aus Gouda ein.
Weitere Fotos auf Flickr: Gouda
Am Nachmittag ging die Fahrt weiter nach Utrecht, wo uns der Reiseleiter vor allem den Dom zeigen wollte. Hier fällt nämlich auf, dass der Turm abseits vom Rest der Kirche steht. Das liegt daran, dass das Mittelschiff im 17. Jahrhundert bei einem schweren Sturm einstürzte. Das stehengebliebene Querschiff wurde mit einer provisorischen Wand verschlossen und dient seither als die gesamte Kirche. Den Schutt des Hauptschiffes räumte man erst etliche Jahrzehnte später weg und legte an dieser Stelle den Domplatz an, der sich nun zwischen dem Turm und der eigentlichen Kirche befindet.
Nach einer kurzen Dombesichtigung, erhielten wir noch ein wenig Freizeit, die wir nutzten, um an den Grachten entlang zu wandeln. Dabei ergab sich so manches nettes Fotomotiv. Schade nur, dass der Domturm derzeit von einem Gerüst umgeben ist, was die Aufnahmen leider ein wenig trübt.
Weitere Fotos auf Flickr: Utrecht
Am sechsten und letzten Tag war es dann endlich so weit: Wir sollten das sehen, wofür Holland bekannt ist - Windmühlen! Hierzu fuhren wir nach Kinderdijk, wo sich nicht weniger als 19 Mühlen erheben, welche hier allerdings nicht zum Mahlen von Korn dienen, sondern als Wasserpumpen.
Der Name Kinderdijk bedeutet übersetzt Kinderdeich, und unser Reiseleiter erklärte uns auch, was es mit diesem Namen auf sich hat: Bei einer Sturmflut drohten die Deiche, zu brechen. Die Dorfbewohner hörten plötzlich Kindergeschrei im Sturm und folgten ihm. Sie fanden ein kleines Kind, das in seinem Körbchen angeschwemmt worden war - und in unmittelbarer Nähe war der Deich schon bedenklich aufgeweicht. Es war aber noch nicht zu spät, der Deich konnte noch rechtzeitig gesichert werden. So hatte das Kind den Ort gerettet, und seither heißt das Dorf eben Kinderdijk.
Eine Einheimische fuhr uns mit dem Boot über den Polder, vorbei an den meisten der Mühlen, und anschließend durften wir außerdem einen Blick in eine der Mühlen werfen. Es sieht darin sehr gemütlich aus, wenn auch vielleicht ein bisschen eng.
Weitere Fotos auf Flickr: Kinderdijk
Am Nachmittag fuhren wir schließlich weiter nach Rotterdam, die letzte Station unserer Holland-Reise. Im Gegensatz zu den hübschen Altstädten, die wir bisher sehen durften, kommt Rotterdam sehr modern daher. Das liegt an einem fatalen Missverständnis im Zweiten Weltkrieg: 1940 drohten die Deutschen mit der Zerstörung von Rotterdam, sollten die Niederlande nicht kapitulieren. Tatsächlich ergaben sich die Niederlande, doch die Nachricht erreichte die Deutschen zu spät, die Bomber waren bereits unaufhaltsam unterwegs. So wurde Rotterdam binnen kürzester Zeit dem Erdboden gleich gemacht. Nach Kriegsende nutzten die Niederländer jedoch ihre Chance und bauten Rotterdam in modernem Gewand wieder auf.
Tatsächlich befinden sich in Rotterdam zahlreiche Wolkenkratzer, die man eigentlich eher in New York vermuten würde. Einen besonderen Schwerpunkt legte der Reiseleiter auf die so genannte "Vertical City", ein Hochhaus, das aus drei aneinander hängenden Wolkenkratzern besteht - nicht besonders hübsch, aber wohl eine Sehenswürdigkeit.
Nach einer kurzen Mittagspause unternahmen wir dann eine rund 75-minütige Hafenrundfahrt durch den größten Seehafen Europas - viel größer noch als Hamburg, der im direkten Vergleich schon fast wie ein Planschbecken wirkt.
Wieder zurück an Land, fuhren wir schließlich in die Innenstadt, wo uns der Reiseleiter noch die 2014 eröffnete Markthalle zeigen wollte, einen überdachten Indoor-Marktplatz mit großen Glasfenstern sowie teuren Eigentumswohnungen in den Außenfassaden.
Und ebenso ungewöhnliche Wohnungen finden sich auch direkt um die Ecke, in Form der Kubushäuser. Sie heißen so, weil auf den unteren Stockwerken anstelle von Dächern überdimensionale Würfel thronen, die tatsächlich einen nicht unerheblichen Teil der Wohnfläche ausmachen. Von außen geben die Kubushäuser ein beeindruckendes Bild ab, darin zu wohnen können wir uns aber nur schwer vorstellen.
Weitere Fotos auf Flickr: Rotterdam
Und damit endete die Holland-Reise. Am Abend zurück in Delft kehrten wir einem guten Restaurant zum Abschiedsessen ein, bevor uns der Bus am nächsten Morgen zurück nach Deutschland bringen sollte. Es war eine schöne Reise, vielleicht ein bisschen kurz, und jetzt freuen wir uns auf Japan 2020!
Weitere Fotos auf Flickr: Holland
Erstellt am 22.05.2019 • Letzte Änderung: 18.05.2022 • Impressum • Datenschutz • Cookie-Einstellungen • Nach oben