Mod-Test Portal Stories: MelDownload: http://store.steampowered.com/app/317400/
Es ist so weit! Nach über vier Jahren Entwicklungszeit ist am 25. Juni endlich der lang erwartete Mod Portal Stories: Mel erschienen. Wird das Mammutprojekt von Top-Mapperin Lpfreaky90 den hohen Erwartungen gerecht werden? Diese Frage stellten wir uns bereits, als wir vor einem knappen halben Jahr eine frühe Beta spielen durften (aber noch die Klappe halten mussten). Jetzt, nachdem der Mod released ist, dürfen wir es endlich mit einem klaren "Ja" beantworten: Die Vorfreude war mehr als gerechtfertigt, der Download lohnt sich definitiv! Im Gegensatz zu Aperture Tag und genau wie Thinking with Time Machine ist Portal Stories: Mel kostenlos erhältlich. Zwar ist der Besitz von Portal 2 erforderlich, laut Steam-Shopseite muss das Hauptspiel aber nicht zwingend installiert sein. Das haben wir allerdings nicht überprüft, da wir unser Portal 2 nicht deinstallieren wollen. Wir würden aber auch keine Minuspunkte vergeben, wenn es nicht stimmen würde, da all die Pluspunkte diesen einen Patzer mit Leichtigkeit wieder ausbügeln würden. Nächster Halt: Aperture! Zu Beginn des Spiels kommen wir per Zug auf dem Firmengelände an. Die Handlung beginnt im Jahr 1952. Ihr schlüpft in die Rolle von Mel, welche kein ganz neuer Charakter ist, sondern eher als eine Art "Lost Feature" bezeichnet werden kann. Mel ist, genau wie die bekannte Chell, ein weibliches Testsubjekt. Sie war ursprünglich als Spielfigur für den zweiten Spieler im Coop-Modus geplant. Später wurden Atlas und P-Body samt der Remontageeinheit eingeführt, da man mit menschlichen Spielfiguren nur ungleich komplizierter hätte erklären können, warum sie nach einem Ableben sofort wieder am Ausgangspunkt erscheinen, während sich gleichzeitig für den Kooperationspartner die Erde weiter dreht. So flog Mel wieder aus dem Spiel, bis sie eben für Portal Stories: Mel reaktiviert wurde.
Zu Beginn des Spiels fühlten wir uns ob unserer Anreise per Zug ein wenig an Half-Life erinnert. Noch im Waggon begrüßt uns Cave Johnson persönlich über eine aufgezeichnete Bandansage. So erfahren wir, dass wir hier sind, um den Aperture Science Innovators Kurzzeit-Hyperschlafraum zu testen. Kaum der Bahn entstiegen, ist an Schlaf aber erst mal gar nicht zu denken, zu sehr seid ihr mit Staunen beschäftigt. Die Aperture-eigene, noch namenlose Kleinstadt irgendwo in Michigan ist sehr detailliert und liebevoll gestaltet und lädt geradezu dazu ein, euch ein wenig umzusehen, bevor ihr euch auf den Weg zu eurem eigentlichen Ziel macht. Man merkt wirklich auf den ersten Blick ganz deutlich: Hier waren Profi-Mapper am Werk! Unterirdisches Hauptquartier: Dieses Gebäude erkunden wir intakt und später auch verfallen. Irgendwann lenkt ihr eure Schritte dann aber doch ins Innere des Hauptgebäudes und werdet dort per Aufzug bis tief unter die Erde verfrachtet, wo sich die Schlafkammern befinden. Ihr sollt nichts weiter machen als ein kleines Nickerchen. Wenig später - wer weiß, ob es Minuten oder Jahrzehnte sind - werdet ihr jedoch von einer euch unbekannten Stimme geweckt. Die Umgebung hat sich, wie ihr schnell feststellen müsst, sehr zu ihrem Nachteil verändert. Die Gebäude sind nun verlassen, und das ganz offensichtlich nicht erst seit gestern, zu sehr ist der Verfall bereits fortgeschritten. Dabei ist es vor allem optisch sehr spannend, genau die gleichen Räume, die ihr vor wenigen Minuten noch in intaktem Zustand durchschritten habt, nun in ihrer verfallenen Variante zu sehen.
Die geheimnisvolle Stimme gehört Virgil, einem Wheatley-ähnlichen Bot, den ihr allerdings erst später zu Gesicht bekommt, vorerst meldet er sich nur akustisch zu Wort. Virgil druckst ein wenig herum, was Erklärungen zu der merkwürdigen Situation angeht, stattdessen lotst er euch ohne nennenswerte Umwege zu einer Portal Gun und mit selbiger dann hinein in die erste Teststrecke. Bei der Portal Gun, das fällt sofort auf, handelt es sich übrigens nicht um das aus dem Hauptspiel bekannte Exemplar, sie ist nämlich gelb. Hierbei handelt es sich laut unserem Interview in Ausgabe 28 um die Version 0.8 des Handheld Portal Device, also einen Vorgänger der Version 1.0, die ihr im Hauptspiel verwendet. Auf die Funktion wirkt sich dieses optische Detail zwar nicht aus, es ist aber trotzdem ein Detail, das - wenn auch vielleicht nur unterbewusst - sehr positiv auffällt.
Im Gegensatz zu Thinking with Time Machine und Aperture Tag führt Portal Stories: Mel keine neuen Testelemente ein. Es gibt kein Zeittablett und keine Paint Gun, sondern lediglich die bekannten Testelemente aus dem Hauptspiel zuzüglich des Death Fizzlers, welcher eine Kombination aus Emanzipationsgrill und Laserfeld darstellt und bereits in mehreren Custom Maps von Lpfreaky90 und anderen Mappern auftauchte. Somit richtet sich Portal Stories: Mel an Spieler, die Portal 2 bereits kennen und durchgespielt haben. Die Testelemente werden kaum eingeführt, sondern weitgehend als bekannt vorausgesetzt, so dass es bereits in der ersten Teststrecke relativ knifflig zur Sache geht.
Nein, unterfordern wird euch Portal Stories: Mel sicher nicht - aber auch nicht überfordern! Der Mod richtet sich an Portal-Kenner, die Rätsel sind aber immer logisch und niemals unfair. Im vierten Kapitel (von insgesamt fünf) gibt es eine etwas arg haarige Testkammer, an der Chiko sich die Zähne ausgebissen hat und nur dank der Hilfe von Flo weiterspielen konnte, aber irgendeine Stelle, an der er mal auf dem Schlauch steht, hat sicher jeder Portal-Spieler. Dem Rätsel an sich darf jedenfalls keine Schuld gegeben werden: Es ist, genau wie alle anderen Rätsel im Spiel, gut durchdacht und durch reines Nachdenken ohne Fingerakrobatik zu lösen. Wir finden es lediglich als Beta-Spieler (die sogar im Abspann stehen dürfen) etwas schade, dass manche wenige Testkammern später „entschärft“ wurden - etwa ein Rätsel im dritten Kapitel, das darauf beruhte, zwei Würfel auf ausgetüftelte Weise miteinander zu vertauschen. Das lassen wir aber nicht in die Wertung mit einfließen, da wir natürlich nur das für die Öffentlichkeit verfügbare Endprodukt bewerten, und das ist in seiner Gesamtheit immer noch mehr als nur spielenswert.
Dafür sorgen nicht nur die perfekt durchdachten Rätsel, sondern auch das herausragende optische Design sowohl inner- als auch außerhalb der Testkammern - ein umfangreicher BTS-Bereich treibt die Story voran und hält auch selbst eure grauen Zellen auf Trab. Besonders kurios wird das gegen Ende, wenn ihr bei einer munteren Geschützturm-Ausweichaktion immer wieder zwischen dem BTS-Bereich und zwei kleinen Testkammern hin und her springt. Portal Stories: Mel beschränkt sich zudem, genau wie das Original-Portal 2, nicht nur auf ein Thema, sondern macht Gebrauch von allen bekannten Testkammer-Designs: Die ersten Rätsel spielen sich - passend dazu, dass ihr euch meilenweit unter der Erde befindet - in den alten Anlagen ab. Habt ihr euch irgendwann wieder hochgearbeitet, warten die modernen Testkammern auf euch, doch zum Ende hin müsst ihr euch noch einmal in einen Bereich von Aperture Science wagen, an dem der Zahn der Zeit sichtbar genagt hat.
Portal Stories: Mel bietet, wie gesagt, keine neuen Spielelemente, erzählt dafür aber eine rundum gelungene Nebenstory für Spieler, die Portal 2 bereits durchgespielt haben und immer noch nicht genug von Aperture Science kriegen können - und das in einer Wahnsinnsqualität, sowohl auf optischer als auch auf spielerischer Ebene! Für das bloße Durchspielen der Geschichte veranschlagen die Entwickler etwa 6 bis 10 Stunden - Chiko hat nach neun Stunden den Abspann gesehen. Danach habt ihr aber noch nicht alle der 27 Errungenschaften, und von ihnen schaltet sich nur ein kleiner Bruchteil während des regulären Spielverlaufs frei, für die meisten müsst ihr ein wenig tiefer in die Geheimnisse des Mods eintauchen - unser Errungenschaftsguide, der ab dieser Ausgabe wieder startet, wird euch dabei helfen. Dass Portal Stories: Mel weder Coop-Modus noch Workshop-Anbindung besitzt, ist aufgrund der Tatsache, dass es keine neuen Testelemente gibt, leicht zu verschmerzen. Die Singleplayer-Story jedenfalls bietet mehr als doppelt so lange Unterhaltung wie das offizielle Portal 1, ist dabei aber kostenlos und überzeugt auf ganzer Linie. Wer Portal 2 besitzt und sich Portal Stories: Mel nicht runterlädt, ist wirklich selber Schuld! Wieso lest ihr eigentlich noch? Einfach downloaden, jetzt! Worauf wartet ihr?
Unser Urteil: Abschied von Aperture: Mel ist entkommen, doch wird sie glücklich mit der zurück erlangten Freiheit? • aus Ausgabe 31 • |