POKÉMON LET'S GO PIKACHU & EVOLI Die Pokémon sind auf der Switch angekommen! Letzten Freitag, am 16. November 2018, ist "Pokémon Let's Go" in den Versionen "Pikachu" und "Evoli" weltweit erschienen. Damit bietet sich erstmals die Möglichkeit, ein Pokémon-Hauptabenteuer auf einer Heimkonsole zu erleben. Wobei "Hauptabenteuer" nicht ganz richtig ist: Zwar basiert "Pokémon Let's Go" auf der guten alten "Gelben Edition" und lässt an sehr vielen Stellen das Spielprinzip einer richtigen Pokémon-Edition durchschimmern, aber es ist eben keine Haupt-Edition, sondern nur der Brückenschlag, der die "Pokémon Go"-Fangemeinde an ein reguläres Pokémon-Abenteuer heranführen möchte, bevor dann nächstes Jahr die 8. Generation an den Start gehen soll, ebenfalls auf der Switch. Nichtsdestotrotz: Wer die Klassiker der 1. Generation liebt, wird das gute alte Kanto schnell wieder erkennen, und es in seiner neuen Pracht direkt ins Herz schließen. Wie gewohnt, beginnt alles in Alabastia: Professor Eich hat euch und den Nachbarsjungen zu sich gerufen, weil er euch euer erstes Pokémon schenken möchte. Wie immer, ist Professor Eich gar nicht da, als ihr in seinem Labor ankommt. Wenn ihr dann versucht, Alabastia nach Norden zu verlassen, taucht der Professor auf und warnt euch vor wilden Pokémon - und dann passiert's, denn da taucht auch schon ein wildes Pokémon auf und greift euch an! Je nach Edition wird dies entweder ein Pikachu oder ein Evoli sein. Während sich aber in der alten "Gelben Edition" noch Professor Eich schützend vor euch gestellt hat, dürft ihr diesmal selbst Hand anlegen und euer eigenes Start-Pokémon persönlich fangen. Zurück in Professor Eichs Labor erhält der Nachbarsjunge ebenfalls sein erstes Pokémon - er wird das Titel-Pokémon der jeweils anderen Edition wählen, also ein Evoli, wenn ihr "Let's Go Pikachu" spielt bzw. ein Pikachu in "Let's Go Evoli". Und wie die Story weiter geht, kennt man ja: Professor Eich stattet euch auch noch mit einem Pokédex aus, der die Daten der Pokémon sammelt, und bittet euch, diesen zu vervollständigen. Und während ihr fleißig fangt, fordert ihr nebenbei auch die acht Arenaleiter aus, um von ihnen jeweils einen Orden zu gewinnen. Mit allen acht Orden könnt ihr schließlich die Top Vier und den Champ auf dem Indigo Plateau herausfordern, um selbst Pokémon-Meister zu werden. Doch bei diesem ganz Abenteuer seid ihr nicht allein auf der Welt, im Gegenteil: Mehrmals trefft ihr auf das schurkische Team Rocket, die mit Pokémon krumme Geschäfte drehen. Und genau wie in der "Gelben Edition", kämpft ihr nicht nur gegen namenlose und austauschbare Rocket-Rüpel, sondern an bestimmten Schlüssel-Stellen auch gegen Jessie und James, die beiden Flachpfeifen aus dem Anime. Was im Hinblick auf das Gameplay sehr schnell auffällt (und auch im Vorfeld bereits heftig kritisiert wurde) ist, dass das klassische Fangsystem an jenes aus "Pokémon Go" angepasst wurde. Das heißt, ihr könnt die wilden POkémon nicht mehr bekämpfen und schwächen, sondern müsst direkt den Ball auf das ungeschwächte Monster werfen. Dabei zeigt ein Kreis, der auf dem Pokémon angezeigt wird, eure Fangchancen: Bei grün bleibt das kleine Kerlchen ziemlich sicher drin, bei knallrot müsst ihr mit zahlreichen Ausbrüchen rechnen. Und je mittiger ihr diesen Kreis trefft, desto mehr steigert ihr eure Fangchancen. Außerdem gibt es auch die aus "Pokémon Go" bekannten Beeren, mit denen ihr die Fangchance noch einmal weiter hoch schrauben könnt - oder die das Pokémon zumindest dazu bringen, mal still zu halten. Denn so manches Viech springt unkontrollierbar auf dem Bildschirm herum, und die erste Herausforderung ist, es überhaupt mal zu treffen - da sind vor allem Zubat oder Nebulak ganz heiße Kandidaten! Sehr schön ist, dass die wilden Pokémon jetzt nicht mehr als Zufallsbegegnung im hohen Gras auftauchen, sondern frei auf der Oberwelt herumtapsen, und wenn ihr eins von ihnen haben wollt, müsst ihr ihm gezielt nachlaufen, während ihr ungewünschten Exemplaren auch gut aus dem Weg gehen könnt. Diese Mechanik hatte Chiko schon in "Pokémon Ranger" sehr gemocht, und so entstehen Hoffnungen, dass das Prinzip auch in die 8. Generation übernommen werden könnte. Jedoch nicht nur die wilden Pokémon sind auf der Oberwelt zu sehen: Auch euer Partner Pikachu oder Evoli hält sich die ganze Zeit außerhalb seines Pokéballs auf und sitzt auf eurer Schulter bzw. eurem Kopf. Zusätzlich könnt ihr auch noch ein zweites eurer Team-Pokémon aus seinem Pokéball lassen - es läuft euch dann hinterher, wie schon in "Heart Gold & Soul Silver". Und das ist nicht nur ein optisches Feature: Das Pokémon kann auch versteckte Items unter Büschen finden und macht euch darauf aufmerksam. Im Gegensatz zum Fangsystem wurde das Kampfsystem glücklicherweise nicht an "Pokémon Go" angeglichen. Ihr müsst euch also keine Sorgen machen, dass die Kämpfe nur aus panischem Auf-den-Bildschirm-hämmern bestehen. Wie gewohnt, verfügt jedes Pokémon über vier Attacken (anstatt nur zwei in "Pokémon Go"), von denen ihr in einem fairen rundenbasierten Kampf alle Zeit der Welt habt, um den strategisch günstigsten Angriff auszuwählen. Apropos Attacken: Nachdem die VMs bereits in "Sonne & Mond" gestrichen wurden, werden sie auch in "Let's Go" nicht wieder eingeführt. Das lässt euch mehr Freiheiten bei der Team-Planung, da ihr nicht gezwungen seid, bestimmten Pokémon bestimmte VMs beizubringen, weil ihr sonst nicht weiter kommt. Stattdessen erlernt euer Pikachu oder Evoli bestimmte Spezial-Fähigkeiten, die von der Wirkung her den VMs entsprechen, aber eben keinen Platz in der Attackenliste wegnehmen. So gibt's dann auch ein Wiedersehen mit dem kultigen fliegenden bzw. surfenden Pikachu an Luftballons oder auf einem Surfbrett, sowie das entsprechende Pendant mit Evoli. Überfordern wird "Let's Go Pikachu & Evoli" sicher niemanden. Wirklich schwer waren Pokémon-Spiele ohnehin noch nie, aber "Let's Go" gibt sich noch einmal eine Stufe anfängerfeundlicher. Das wurde oft kritisiert, aber wie bereits erklärt: "Let's Go" will gar keine neue Haupt-Edition sein, sondern nur der Übergang zwischen "Pokémon Go" und einer echten Pokémon-Edition. Denn es gibt bis heute sehr viele "Pokémon Go"-Spieler, die von der Hauptreihe gar keine Ahnung haben. Diese Spieler sollen jetzt abgeholt werden, damit sie dann nächstes Jahr mit dem Start der 8. Generation ebenfalls dabei sind. Um das zu unterstützen, läuft aktuell auch ein entsprechendes Event in "Pokémon Go", das im Kern aus einer Spezial-Forschung besteht, für die es am Ende ein Meltan gibt. Meltan ist ein neues mystisches Pokémon vom Typ Stahl und sieht aus wie weißer Glibber mit einer Schraubenmutter als Kopf. Es trägt im Nationaldex die Nummer 808 und taucht neben den 151 Kanto-Exemplaren als einziges weiteres Pokémon in "Let's Go" auf. Der Knackpunkt ist, dass Meltan mit Melmetal auch noch eine Entwicklung hat. Das eine einzige Meltan, das die "Pokémon Go"-Spieler über die Spezial-Forschung erhalten könnne, ist nichts als Anfüttern. Denn um die 400 Bonbons für die Entwicklung zu Melmetal zusammen zu kriegen, sind sehr, sehr viele weitere Meltans notwendig. Und an weitere Meltans kommt man nur heran, indem man Pokémon von "Pokémon Go" zu "Let's Go" überträgt - dafür gibt es in "Pokémon Go" als Belohnung einmal pro Woche eine Mystery Box, die eine halbe Stunde lang Meltans ausspuckt, wenn ihr sie öffnet. Davon abgesehen ist die Übertragung von "Pokémon Go" zu "Let's Go" auch eine schöne neue Möglichkeit, um den Pokédex voll zu kriegen. Denn wie üblich, fehlt in jeder Edition ein kleiner Teil der Pokémon, aber anstatt euch die Lücken im Pokédex zusammen zu tauschen, könnt ihr jetzt einfach vor die Tür gehen und die gewünschten Exemplare draußen in der Wirklichkeit fangen - vorausgesetzt, euer Handy kriegt Überhaupt eine Verbindung zur Switch hin! Denn für viele gehypete Spieler folgte im Lauf des Wochenendes die große Ernüchterung, als das Handy beim Verbindungsversuch mit der Switch kurz und humorlos "Gerät nicht unterstützt" meldete. Das Problem ist wohl vom Handy-Modell abhängig, hat mit der verbauten Bluetooth-Antenne zu tun und kann spielerseitig nicht behoben werden. Bleibt also zu hoffen, dass hier Nintendo und Niantic noch irgendwas richten können, sonst bleibt nur der Kauf eines neuen Handys als Lösung in Betracht, was freilich einen sehr bitteren Beigeschmack hinterlassen würde. Erstmals geteasert wurde Meltan übrigens im September, direkt im Anschluss an den Endivie Community Day in "Pokémon Go". Kaum waren die Endivien weg, spawnten plötzlich unzählige Meltans und niemand wusste, was das war. Alle gefangenen Meltans verwandelten sich damals nur in Dittos, und manche Spieler vermuteten zunächst einen Fehler von Niantic. Auf jeden Fall wurde aber in den Pokémon-Communitys weltweit über dieses Thema spekuliert, und nichts ist effektivere Werbung, als überall das Gesprächsthema zu sein. In den nächsten Wochen wurde dann in einer Trailer-Reihe mit Professor Eich und Professor Willow langsam aufgedeckt, dass die Spieler hier selbst ein gänzlich neues Pokémon entdeckt hatten, und die "Pokémon Go"-Spieler gleichzeitig geschickt darauf aufmerksam gemacht, bald ein Pokémon-Spiel für die Switch erscheinen wird. Als zusätzliche Hardware zu "Pokémon Let's Go" erschien außerdem der Pokéball Plus. Dieser sieht tatsächlich aus wie ein kleiner Pokéball, ist in Wirklichkeit aber ein Controller. Der weiße Knopf vorne am Pokéball ist in Wahrheit ein Joystick, mit dem ihr eure Spielfigur steuern könnt, und ein Druck auf den Joystick oder oben auf den Pokéball, entspricht den Tasten A und B der Switch. Und wer's mag, kann die wilden Pokémon dann sogar mit einer echten Wurfbewegung fangen, was bereits vor einem knappen Dreivierteljahr im allerersten "Let's Go"-Trailer gezeigt wurde. Denkt nur daran, vorher die Handschlaufe anzulegen, die am Pokéball befestigt ist, damit derselbe nicht irgendwann mit einem lauten KLIRR!!! im Fernseher landet. Es ist auch möglich, eins eurer Pokémon im Pokéball Plus zu speichern und dann mit ihm spazieren zu gehen - das erinnert ein wenig an den PokéWalker, den es vor neun Jahren zu "Heart Gold & Soul Silver" gab. Auf dem Spaziergang sammelt euer Pokémon einige Items für euch ein, meist Beeren oder Bonbons. Als zusätzlichen Kaufanreiz ist aber in einem neu gekauften Pokéball Plus bereits ein Pokémon enthalten, und zwar kein geringeres Exemplar als Mew - dieses ist auf andere Weise nicht in "Let's Go" zu erhalten und kann auch nicht aus "Pokémon Go" übertragen werden (da es ein mystisches Pokémon ist), so dass also für immer eine Lücke im Pokédex bleibt, wenn ihr keinen Pokéball Plus kauft. Auf den reinen Spielspaß von "Let's Go" wirkt es sich aber überhaupt nicht aus, ob ihr den Pokéball Plus nutzt oder nicht - im Gegenteil! Chiko hat den Pokéball mal kurz ausprobiert, findet aber die reguläre Handheld-Steuerung der Switch auf lange Sicht doch angenehmer. Aber der Pokéball hat zumindest noch eine weitere Existenz-Berechtigung, da er auch mit "Pokémon Go" gekoppelt werden kann und dann automatisch Pokémon in eurer Reichweite fängt, ohne dass ihr auf den Handy-Bildschirm starren müsst. Die Erfolgsquote ist dabei zwar sehr gering, aber besser als gar nicht spielen zu können , wenn ihr etwa mal alle Hände mit Einkaufstüten voll habt. Trotz des sehr niedrigen Schwierigkeitsgrades, können wir "Let's Go Pikachu & Evoli" allen Pokémon-Fans nur ans Herz legen: Kanto sieht auf der Switch einfach umwerfend aus, und neue Features wie die frei herum laufenden Pokémon auf der Oberwelt machen Lust auf mehr. Um die Wartezeit auf die 8. Generation zu überbrücken, taugt "Let's Go" allemal. Wer generell mit Pokémon-RPGs etwas anfangen kann, macht mit "Let's Go" definitiv nichts falsch. Was wir vermissen, sind Standard-Einrichtungen wie etwa die GTS, die Global Trade Station: Online-Tauschgeschäfte sind zwar möglich, aber ihr könnt nicht gezielt nach einem Pokémon suchen bzw. ein Tauschangebot eröffnen. Dazu müsst ihr euch vorab mit einem potentiellen Tauschpartner absprechen und eben im Nachgang den zuvor besprochenen Tausch durchführen. Auch Zufallskämpfe gegen unbekannte Gegner sind nicht direkt möglich: Ihr verbindet euch mit einem Spieler, der den gleichen Verbindungscode wie ihr eingegeben hat - das klingt, als ob vorherige Absprachen zwingend nötig seien. Chikos Erfahrung ist bisher aber, dass der Standard-Code "Pikachu Pikachu Pikachu" relativ zuverlässig zu einem x-beliebigen Spieler führt, der gerade das gleiche probiert hat. Aber auch, wer "Rot & Blau" auswendig kennt, kann in Details kleine Anpassungen im Story-Verlauf feststellen. Eine solche Stelle ist uns etwa im Team Rocket Hauptquartier in Saffronia City aufgefallen, wenn der Rocket-Rüpel, dem ihr früher in einem Kampf den Aufzugsschlüssel abgeluchst habt, jetzt nicht mehr klein beigeben will und den Schlüssel kurzerhand in den Lüftungsschacht wirft ... ja, und was jetzt? Auch mit den alten Charakteren gibt es ein Wiedersehen: Eure Spielfigur sowie der Nachbarsjunge sind zwar Neu-Kreationen, aber im Spielverlauf läuft euch mehrmals Blau, der alte Rivale aus der 1. Generation, über den Weg. Und wer weiß, vielleicht wartet irgendwo auch noch Rot, die damalige Spielfigur, auf euch? Fazit: "Pokémon Let's Go Pikachu & Evoli" ist ein gelungenes Pokémon-Abenteuer, das im Grunde altbekannt ist, aber mit einigen kleinen Neuerungen absolut punkten kann. An alle, die mit Pokémon grundsätzlich etwas anfangen können, sprechen wir eine klare Kauf-Empfehlung aus. Schnappt sie euch alle!