TRÄUME IN VIDEOGAMES Erstmal vorab als Warnung: Im folgenden Text werde ich bei manchen Spielen das Ende spoilern. Das betrifft aber nur Spiele, die sowieso schon etliche Jahre alt sind. Trotzdem, wer komplett spoilerfrei leben möchte, sollte jetzt lieber ausschalten. Ich hab euch gewarnt! Und los geht's! Unser lieber Plok hat sich gewünscht, ich könne doch mal in der Sendung über "Little Nemo" berichten. Aufhänger ist, dass zu diesem Comic-Klassiker jetzt ein neues Videospiel in der Mache ist, und es gab ja auch früher schon mal einen superschwierigen NES-Platformer zum Thema. Da ich allerdings das NES-Spiel nie selbst gespielt habe, kann ich gar nicht so viel zu "Little Nemo" sagen. Und deshalb weite ich das Thema ganz allgemein aus, zu "Träumen in Videogames". Trotzdem, beginnen bei "Little Nemo": Der Comic-Klassiker erschien zwischen 1905 und 1911 in einer New Yorker Tageszeitung, das ist jetzt also schon eine ganz schöne Weile her. Tatsächlich ist der originale Comic inzwischen sogar gemeinfrei, da der Zeichner Winsor McCay bereits seit mehr als 70 Jahren tot ist. Hauptfigur in "Little Nemo" ist der kleine Junge Nemo, der sich Nacht für Nacht alle möglichen skurrilen Abenteuer zusammenträumt, und sein Ziel ist es, irgendwann in seinen Träumen ins Reich von König Morpheus vozudringen, wo er der Spielgefährte der Prinzessin werden möchte. Die Geschichte um Little Nemo wurde 1989 auch als Anime-Film umgesetzt, der erst kürzlich auf Deutsch auf Blu-ray neu veröffentlicht wurde. Ein Jahr später, 1990, veröffentlichte Capcom das Spiel "Little Nemo: The Dream Master" für das NES, ein hübsch kniffliges Jump'n'Run im Stil der alten "Mega Man"-Games, welche ja aus dem gleichen Studio stammten. Und jetzt, aktuell, wird ein zeitgemäßes neues Spiel mit dem Titel "Little Nemo and the Nightmare Friends" auf Kickstarter finanziert - mal sehen, ob was daraus wird! Das Spiel wird wohl ebenfalls ein Platformer, und neben Nemo selbst, könnt ihr auch andere Charactere aus der Comic-Vorlage steuern, etwa den Clown Flip oder auch die Prinzessin selbst. Natürlich ist "Little Nemo" nicht das einzige Videospiel, das sich um Träume dreht. So gibt es etwa zahlreiche Games, in denen sich die Hauptfigur das ganze Abenteuer nur zusammenträumt - mal ist das von Anfang klar, mal erfahrt ihr es erst am Ende. Nehmen wir beispielsweise das schöne alte "Micky Maus"-Jump'n'Run "The Magical Quest", das 1992 für das Super Nintendo erschien. Beim Ballspielen im Park läuft Mickys Hund Pluto fort, und Micky muss hinterher eilen, um seinen vierbeinigen Freund wiederzufinden. Dabei gerät er in das merkwürdige Land von Imperator Karlo, doch am Ende stellt sich heraus, dass Micky sich alles nur zusammengeträumt hat, nachdem er einen Ball von Goofy an die Birne bekommen hat. Ein anderes Comic-Spiel, in dem das ganze Abenteuer nur ein Traum ist, ist das Simpsons-Spiel "Bart's Nightmare", ebenfalls 1992 für das Super Nintendo erschienen. Hier ist aber von Anfang an klar, dass Bart sich alles nur zusammenträumt: Der gelbe Junge muss die Nacht durch büffeln, schläft aber über den Hausaufgaben ein und muss nun im Traum die verlorenen Blätter der Hausarbeit wiederfinden. Dabei führt euch die Suche durch alles, was einen 10-jährigen frechen Bengel bewegt, so landet ihr u.a. in einem waschechten "Itchy und Scratchy"-Cartoon, fliegt als Bartman durch die Gegend, und kleine Schwestern werden hier natürlich zu heimtückischen Gegnern. Das wohl namhafteste Jump'n'Run, das nur im Traum stattfindet, ist aber wohl "Super Mario Bros. 2", erschienen 1988 für das NES. Wem es schon immer komisch vorkam, dass sich "Super Mario Bros. 2" so extrem von den anderen Mario-Platformern unterscheidet, hier kommt die Erklärung: Tatsächlich erschien in Japan bereits 1986 ein "Super Mario Bros. 2", doch das ist ein ganz anderes Spiel als das, welches wir unter diesem Titel kennen. Das japanische "Super Mario Bros. 2" nutzt die gleiche Game Engige wie der Vorgänger, neu ist lediglich der Giftpilz als neues gefährliches Item, und natürlich neue Level, die deutlich schwieriger sind als im ersten Teil. Tatsächlich war das japanische "Super Mario Bros. 2" für den Geschmack von Nintendo of America zu schwer, und so sahen sie sich nach einer Alternative um. Sie fanden das Spiel "Yume Kojo: Doki Doki Panic", ein Werbespiel für ein Festival des TV-Senders Fuji TV. Die vier Hauptfiguren wurden kurzerhand durch Mario, Luigi, Peach und Toad ersetzt - die Gegner wie Shy-Guy, Birdo, Mouser etc. wurden gar nicht erst angepasst. Fertig war unser "Super Mario Bros. 2", und weil es sich wirklich sehr von den anderen Mario-Spielen unterscheidet, folgt im Abspann noch die Holzhammer-Enthüllung, dass alles nur ein Traum von Mario war. Und nicht nur Klempner können träumen, sondern auch Fische: In dem Gameboy-Klassiker "Zelda: Link's Awakening", der ursprünglich 1993 erschien und 2019 als Remake für die Switch herauskam, erleidet Link Schiffbruch und gelangt zufällig auf die Insel Cocolint. Dort erfährt er von einem Windfisch, der auf der Bergspitze schlummert, und seine Mission ist es nun, die Instrumente der Sirenen in den Dungeons der Insel zusammen zu sammeln, um mit ihrer Musik letzlich den Windfisch aufzuwecken - nur dann, heißt es, könne er die Insel wieder verlassen. Das Problem an der Sache ist nur: Die ganze Insel ist überhaupt nur ein Traum des Windfischs, und wenn Link ihn aufweckt, dann ist der Traum zu Ende und die Insel verschwindet auf Nimmerwiedersehen. Also eine schöne Zwickmühle für Link: Die Insel samt all der nette Bewohner vernichten - oder selbst dort für immer festsitzen? In anderen Spielen erträumen sich die Charaktere nicht direkt selbst das ganze Abenteuer, landen jedoch in einer Traumwelt - so etwa in "Mario & Luigi: Dream Team Bros.", dem vierten Teil der "Mario & Luigi RPG"-Reihe, welcher 2013 für den Nintendo 3DS erschien. Peach wird von Fledermaus-König Antasma in die Traumwelt entführt, und die Mario-Brüder müssen hinterher, um die Prinzessin zu befreien. Dabei lernen sie auch die so genannten Kisse kennen, ein Volk von niedlichen Traumwesen, die ein bisschen an lebende Bettwäsche erinnern, die aber von Antasma versteinert wurden und nebenbei ebenfalls gerettet werden müssen. Einen ähnlichen Plot hat auch "Giana Sisters: Twisted Dreams", welches 2012 für Steam und alle damals aktuellen Heimkonsolen erschien, darunter auch für die Wii U. Tatsächlich war "Twisted Dreams" nach 25 Jahren das erste neue "Giana Sisters"-Spiel. Damals, 1987, war das ursprüngliche "The Great Giana Sisters" ein recht offentlicher Abklatsch des klassischen "Super Mario Bros.", und deshalb bekamen die Entwickler auch Ärger mit Nintendo. Doch nachdem 25 Jahre später "Twisted Dreams" den Grundstein für einen Neuanfang gelegt hatte, entwickelten sich die "Giana Sisters" zu einem eigenständigen Franchise. In "Giana Sisters: Twisted Dreams" wurde Maria in eine Traumwelt entführt, so weit ähnelt der Plot doch noch "Mario & Luigi: Dream Team Bros.". Ihre Schwester Giana reist hinterher, um sie zu befreien. Da Giana aber glücklicherweise gelernt hat, ihre Träume zu manipulieren, kann sie im Spiel zwischen verschiedenen Formen wechseln, was ihr neue Fähigkeiten beschert und sich auch in gewissen Grenzen auf die Umgebung auswirkt. Neben Spielen, die komplett vom Hauptcharakter erträumt sind, und Spielen, in denen eine vergleichsweise harmlose Traumwelt erforscht werden will, gibt es schließlich noch Spiele, die das Thema Alpträume abhandeln. Das erste Beispiel, das mir dazu einfällt, ist der Sega-Klassiker "NiGHTS into Dreams": Das ursprüngliche Spiel erschien 1996 für den Sega Saturn, 2007 erschien für die Wii die Fortsetzung "NiGHTS: Journey of Dreams". Der titelgebende NiGHTS ist ein Traumkobold, der in die Träume von schlafenden Kindern kommt, um zusammen mit ihnen ihre Alpträume zu besiegen. Spielerisch ist das Ganze in weiten Teilen ein 3D-Platformer, wird jedoch auch mal zum Action Game, wenn ihr als NiGHTS durch den Nachthimmel schwirrt und Alptraumwesen umkreist, um sie so unschädlich zu machen. Übrigens wurde die Story von "NiGHTS: Journey of Dreams" seinerzeit auch verfilmt, und zwar von niemand geringerem als KS-Film, als von uns. Die Story haben wir zwar sehr frei interpretiert, und der Film ist auch reichlich trashig, aber er kam damals doch recht gut im Internet an und erschien auch auf DVD als Beilage der "N-Zone" im Winter 2009/2010. Ein anderes Spiel, das mir bezüglich Alptraum-Thematik in den Sinn gekommen ist, nennt sich "Little Nightmares". Dieses wurde von Bandai Namco entwickelt und erschien 2017 für Steam und alle Heimkonsolen. Ich muss aber zugeben, dass ich es nie selbst gezockt habe, mir schwirrte nur irgendwie gerade der Name im Kopf herum, den ich wohl irgendwo schon mal gehört hatte. Nachdem ich mich aber ein bisschen eingelesen habe, glaube ich, das Spiel passt gar nicht so recht ins Thema. Es geht um ein kleines Mädchen namens Six, das in einer Unterwasserstation mit dem wenig einladenden Namen "Schlund" gefangen gehalten wird. Von dort versucht sie, zu entkommen - aber mir scheint es so, dass der Schlund für das Mädchen wirklich die Realität ist. Es wirkt zwar vielleicht wie ein Alptraum für sie, ist aber gar kein Traum, und somit hier eigentlich fehl am Platz. Aber wer's besser weiß, darf mich jetzt gern korrigieren! Ein Traumspiel, an das ich mich umso besser erinnere, ist dagegen "Back to Bed", ein hübsches kleines Action-Puzzle, das 2014 auf Steam veröffentlich wurde und ein kleiner Geheimtipp ist. Hauptfigur ist der Schlafwandler Bob, den ihr aber selbst gar nicht steuert. Denn wie gesagt, Bob schlafwandelt, und so läuft er selbständig durch eine skurrile Traumwelt, die ganz offensichtlich von den Bildern M.C. Escher inspiriert ist. Leider ist die Traumwelt nicht so ganz ungefährlich: Ihr müsst Bob immer rechtzeitig Hindernisse in den Weg legen und so seine Laufstrecke formen, damit er nicht irgendwo abstürzt, sondern sicher zurück in sein Bett wandeln. Und dann darf zum Abschluss natürlich auch die Traumwelt aus "Pokémon Schwarz & Weiß" vergessen werden! "Schwarz & Weiß" waren die Haupt-Editionen der 5. Pokémon-Generation, erschienen 2011 für den Nintendo DS. Die Traumwelt erweitert dabei das Abenteuer, doch sie befindet sich gar nicht auf der DS-Karte, sondern extern im Internet. Nachdem ihr im Spiel bestimmte Voraussetzungen erfüllt habt, könnt ihr eins eurer Pokémon schlafen legen und es dadurch in die Traumwelt hochladen. Wenn ihr euch dann auf der "Pokémon Global Link"-Webseite einloggt, trefft ihr dort euer Pokémon wieder. Ihr könnt ihm ein kleines Häuschen in der Traumwelt einrichten, im Vorgarten Beeren anpflanzen oder auch mit ihm durch die Traumwelt spazieren gehen, um seltene Pokémon zu treffen, die ansonsten im eigentlichen Hauptspiel gar nicht vorkommen. Diese gilt es aber noch, in Minispielen zu besiegen, bevor ihr sie in eure Box übertragen dürft. Insgesamt war die Traumwelt durchaus spaßig und mal was anderes. Seit 2014 ist die "Global Link"-Webseite allerdings offline, und so ist es auch nicht mehr möglich, ein Pokémon in die Traumwelt zu schicken. Eigentlich schade, da so "Pokémon Schwarz & Weiß" ein bisschen von seinem Content verloren hat.