AR-GAMES "Pokémon GO" wird 5 Jahre alt: Happy Birthday, mein Lieblings-Suchtmittel! Und euch ist sicher klar, dass ich mit dem Gedanken gespielt habe, "Pokémon GO" heute zum Thema zu erklären. Ich hab allerdings schon oft genug über "Pokémon GO" geplaudert, da muss ich das ja nicht noch einmal groß auswälzen. Werfen wir doch stattdessen einen Blick auf AR-Games im Allgemeinen! Die Abkürzung "AR" steht für "augmented reality", zu Deutsch: "Erweiterte Realität". Kurz und bündig bedeutet das, dass in den Live-Bildern zusätzliche Informationen eingefügt werden. In der Praxis Anwendung findet das Prinzip etwa bei Sport-Übertragungen, wenn Spielstände, Statistiken, Strategien und mehr im Bild erscheinen. Auch manche Museen bringen bereits Apps heraus, die Informationen anzeigen, indem man einfach nur das Gerät auf das Ausstellungsstück richtet - ohne, dass man sich zu irgendeiner kleinen Infotafel herunter beugen muss. Im Spielebereich zählt im weitesten Sinne alles zu "augmented reality", was über das kleine Gerät in eurer Hand hinausgeht. So zählen etwa auch NFC-Figuren mit zu "augmented reality", also solche Figuren, die im Prinzip wie normale Figuren im Regal herumstehen können, die ihr aber auch in eure Konsole einlesen könnt, um so mit dem Spiel auf mehr oder minder komplexe Weise mit ihnen zu interagieren. Ein Wegbereiter für dieses Prinzip war die "Skylanders"-Reihe, die 2011 an den Start ging und den kleinen rosa Drachen Spyro in den Mittelpunkt stellte, der auch zuvor bereits der Held einiger Videospiele war. Nintendos Antwort auf die NFC-Figuren waren die Amiibo, die 2014 zusammen mit "Super Smash Bros. für Wii U" erstmals herauskamen. In Nintendos All-Star-Prügelei könnt ihr die kleine Figur dann trainieren und irgendwann als ebenbürtigen Gegner einsetzen - im Jahr 2015 veranstaltete Nintendo sogar ein offizielles Amiibo-Turnier, bei dem jeder Spieler im Team mit seinem eigenen Amiibo teilnehmen konnte. Bis heute erscheinen in unregelmäßigen Abständen immer neue Amiibo, die in diversen Nintendo-Spielen die unterschiedlichsten Auswirkungen haben - oft erhaltet ihr allerdings lediglich ein bestimmtes Item, wenn ihr eine Amiibo-Figur einlest. Weitere bekannte NFC-Figuren-Reihen waren etwa "Disney Infinity" seit 2013 oder "Lego Dimensions" seit 2015. Beide Reihen wurden aber leider inzwischen schon wieder eingestellt. Wenn ich heute das Stichwort "AR-Games" höre, dann denke ich aber am ehesten an solche Spiele wie eben "Pokémon GO". Tatsächlich ist "Pokémon GO" ein AR-Game, ja, das ist schon richtig - und zwar das Untergenre der "Location-based Games", also Spiele, die auf eurer realen Position in der echten Welt basieren. Ein früher bekannter Vertreter solcher "Location-based Games" ist "Geocaching", das bereits seit den 80er Jahren gespielt wird - ganz ohne eigene App, sondern nur mit einem GPS-Empfänger und einigen vorab selbst ausgedruckten Informationen. Der Geocacher löst ein Rätsel, um dadurch bestimmte GPS-Koordinaten herauszufinden. Dann begibt er sich mit seinem GPS-Empfänger dorthin - an Ort und Stelle findet er dann weitere Informationen, die ihm, wenn er sie richtig entschlüsselt, neue GPS-Koordinaten offenbaren. Und am Ende seiner Schnitzeljagd findet der Geocacher dann einen kleinen Schatz, den er mitnehmen darf, dafür aber etwas Gleichwertiges als neuen Schatz für nachfolgende Geocacher hinterlassen muss. Ein sehr früher Vertreter solcher Smartphone-Apps, die am ehesten an "Pokémon GO" erinnern, war "Gbanga Zooh", welches im Auftrag des Züricher Zoos entwickelt wurde und auch nur in Zürich gespielt werden konnte. Dabei galt es, alle Tiere wieder einzufangen, die virtuell durch die Stadt streiften, und sie zurück zum Zoo zu bringen. Inzwischen wurde das Spiel aber eingestellt. Heute mit am bekanntesten sind die AR-Spiele des kalifornischen Entwicklers Niantic - da gehört auch "Pokémon GO" dazu, aber es ist nicht das einzige und war auch nicht das erste. Niantic gab seinen Einstand im Jahr 2012 mit der App "Field Trip", welche noch kein Spiel war, sondern eher eine Art Reiseführer. Tausende Sehenswürdigkeiten aus aller Welt waren in der App verzeichnet, sowohl große Touristenmagnete als auch winzig kleine Geheimtipps. Vor Ort konnte man sich in der App dann Informationen zu der Sehenswürdigkeit anzeigen lassen, vor der man gerade stand. Ebenfalls 2012 erschien mit "Ingress" das erste Spiel von Niantic. Dieses basierte auf der gleichen Datenbasis, d.h. die Sehenswürdigkeiten, die bereits in "Field Trip" verzeichnet waren, wurden auch in "Ingress" übernommen, dienen dort allerdings als Portale. Diese müsst ihr als Agent eines von zwei möglichen Teams hacken, um dadurch ein möglichst großes Gebiet für eure Fraktion einzunehmen. Hintergrund des Ganzen ist eine neuartige Energie, die auf der Erde aufgetaucht ist - so genannte Exotic Matter oder kurz XM. Das eine Team will diese Energie unter seine Kontrolle bringen, das andere Team würde XM am liebsten wieder völlig verschwinden sehen. Die ganze Geschichte wurde auch als 11-teilige Anime-Serie umgesetzt, die seit Frühling 2019 auf Netflix zu sehen ist. Auf einen Schlag einer breiten Masse bekannt wurden Niantic und AR-Spiele im Allgemeinen, als im Sommer 2016 schließlich "Pokémon GO" herauskam. Das Spiel basiert vom Konzept her auf einem Aprilscherz von Google aus dem Jahr 2013. "Pokémon GO" erschien erstmals am 6. Juli 2016 in Australien und am 13. Juli desselben Jahres auch bei uns, und durch diese App wird der Kindheitstraum vieler Pokémon-Spieler wahr: Hinaus in die Welt ziehen und dort selbst die unterschiedlichsten Pokémon entdecken! Die Monsterchen selbst stehen dabei quasi überall auf der Map herum - die einen sind häufiger, die anderen seltener, manche auch nahezu unauffindbar. Wo welche Pokémon auftauchen können, hängt in erster Linie von verschiedenen Habitaten wie Stadt, Wald, Gebirge, Gewässer etc. ab, aber auch von Jahreszeiten, dem Wetter und nicht zuletzt davon, welches Event gerade läuft. Neue Items erhaltet ihr an so genannten PokéStops, und in Arenen könnt ihr, abseits von der Sammelei, ein bisschen kämpfen und versuchen, die Arena für euer Team einzunehmen. PokéStops und Arenen wiederum befinden sich an realen Sehenswürdigkeiten: An genau jenen "Points of Interest", welche bereits in "Field Trip" und "Ingress" verwendet wurden. Gerade im ersten Sommer schlug "Pokémon GO" ein wie eine Bombe. Es gab fast niemanden, der nicht zumindest schon mal davon gehört hatte, und selbst Menschen, die bis dahin mit Pokémon so gar nichts am Hut hatten, spielten plötzlich "Pokémon GO". Über das Game wurde damals selbst in den seriösesten Zeitungen und Nachrichten-Sendungen berichtet. Also ja, "Pokémon GO" war echt ein gewaltiger Erfolg - der inzwischen natürlich sehr deutlich abgeflaut ist, aber out ist das Spiel noch lange nicht! So ein erfolgreiches Spiel findet aber natürlich auch schnell Nachahmer. Ein direkter Konkurrent für "Pokémon GO" ist vor allem "Draconius GO", welches Ende 2017 herauskam: Anstatt den bekannten Pokémon fangt ihr in "Draconius GO" die unterschiedlichsten Drachen, welche keinem bekannten Franchise entsprungen sind, sondern speziell für dieses Spiel entworfen wurden. Ein gewaltiger Plus-Punkt, aber gleichzeitig auch ein entscheidender Nachteil von "Draconius GO" ist die Tatsache, dass die Stops und Arenen nicht an realen Sehenswürdigkeiten stehen, sondern gleichmäßig über den gesamten Globus verteilt wurden. Ja, natürlich ist das fairer für Spieler, die in sehr ländlichen Gebieten leben, wo es sonst kaum einen PokéStop gäbe. Andererseits geht so natürlich der wichtige Aspekt verloren, mit Hilfe des Spiels interessante Punkte in der Stadt zu entdecken. Ein anderer, ziemlich skurriler Abklatsch von "Pokémon GO" ist "My Cat GO", welches im deutschen App-Store früher auch mal "Katzen GEHEN" hieß. In diesem Spiel jagt ihr Katzen hinterher - die Gemeinsamkeiten zu "Pokémon GO" sind offensichtlich, sogar der Katzen-Spielball im App-Icon erinnert stark an einen Pokéball. Wirklich erfolgreich wurde die virtuelle Katzenjagd allerdings nicht. Nicht alle nachfolgenden AR-Spiele waren jedoch dreiste Kopien von "Pokémon GO", ganz im Gegenteil: Immer mehr Entwickler sprangen auf den Zug auf und entwickelten eigenständige Konzepte, großteils mit bekannten Franchises. "Minecraft Earth" beispielsweise ging im Herbst 2019 an den Start, wurde jedoch gerade neulich am 30. Juni 2021 eingestellt. In diesem Spiel konntet ihr euch - zumindest auf dem Display - selbst durch die Würfelwelt bewegen und auch in der Realität die imposantesten Klötzchen-Gebäude entstehen lassen. Doch Vorsicht, auch Creeper und Endermen waren in der realen Welt unterwegs! Im Jahr 2020 ging "Catan: World Explorer" an den Start, basierend auf dem erfolgreichen Brettspiel "Die Siedler von Catan", das 1995 zum "Spiel des Jahres" gekürt wurde und auch schon unzählige Konsolenumsetzungen erfahren durfte. In "Catan: World Explorer" setzt ihr eure Siedlungen und Städte nun in die reale Landschaft, und die nötigen Rohstoffe findet ihr an festgelegten Punkten, die doch sehr an PokéStops erinnern. Wie in der Brettspiel-Vorlage sind bestimmte Rohstoffe sehr häufig, andere extrem knapp, daher gilt es, auch mal mit Spielern aus anderen Regionen zu tauschen. Doch wieder mehr in Richtung "Pokémon GO" geht "Jurassic World Alive", welches auf der erfolgreichen Kinofilm-Trilogie "Jurassic Park" und deren Nachfolger "Jurassic World" basiert. Anstatt Pokémon, Drachen oder Katzen, werden hier nun eben Dinosaurier eingesammelt. Diese könnt ihr aber nichtsdestotrotz aufleveln, weiterentwickeln und schließlich gegen die Dinos anderer Spieler antreten lassen. Und auch Niantic selbst brachte noch ein weiteres AR-Game heraus: "Harry Potter: Wizards Unite" basiert auf der erfolgreichen Buchreihe um den britischen Zauberschüler Harry Potter. Ihr selbst seid nun ebenfalls ein Zauberer und müsst die zahlreichen magischen Tierwesen, die für uns Muggel sonst eigentlich unsichtbar sind, in der Welt aufspüren. Überall auf der Landkarte gibt es auch Gasthäuser, an denen ihr eure Zauberenergie auffrischen könnt - sie entsprechen somit den PokéStops. Und in Festungen erwarten euch besonders mächtige Kreaturen, die ihr oft nur im Teamwork bezwingen könnt - analog zu Arenen und Raids in "Pokémon GO". Nicht zu vergessen die Portschlüssel, die euch nach einer bestimmten Anzahl gelaufener Kilometer zu einem speziellen magischen Tierwesen teleportieren können - wer denkt da nicht an Pokémon-Eier? Also ja, "Harry Potter: Wizards Unite" ist "Pokémon GO", nur eben mit phantastischen Tierwesen anstatt Pokémon. Das war ein kurzer Überblick über AR-Games - was heißt "kurz", der Text war auch so schon lang, und trotzdem haben wir jetzt nur an der Oberfläche gekratzt. Es gibt noch zahlreiche weitere AR-Games, und es werden auch in Zukunft sicher noch weitere folgen. Doch für heute belassen wir es dabei und sagen zum Abschluss noch einmal: Happy Birthday, "Pokémon GO"!