KÜNSTLICHE INTELLIGENZ UND VIDEOGAMES Ich bin ja seit einigen Wochen verrückt nach künstlichen Intelligenzen, vor allem nach Bild-Generierung mit der Bild-KI Midjourney, und manchen hier hängt das wohl bereits zum Hals raus. Dass künstliche Intelligenzen in der Lage sind, Texte zu schreiben, Bilder zu zeichnen oder Musik zu komponieren, und dass das auch noch für die breite Masse verfügbar ist, so dass quasi jeder damit herumspielen kann, das ist eine neue Entwicklung der letzten Jahre. Tatsächlich gibt es künstliche Intelligenz aber bereits sehr viel länger, und auch mit Videogames ist diese eng verwoben. Künstliche Intelligenz muss nämlich nicht nur dem Zweck dienen, irgendein Kunstwerk zu erschaffen, nein: Auch, wenn ein Computergegner in einem Videospiel eine richtige Entscheidung treffen kann, zählt das zu künstlicher Intelligenz. Keine Intelligenz gehört natürlich dazu, wenn Gegner wie Gumbas oder Koopa Troopas stur auf euch zu laufen. Auch "Pokémon" hat beispielsweise nur eine sehr, sehr eingeschränkte künstliche Intelligenz, wenn überhaupt! Um im Pokémon-Kampf die richtige Attacke auszuwählen, dazu braucht der Computer nicht wirklich Intelligenz, dazu reicht auch eine simple if-else-Abfrage: Wenn der Gegner ein Feuer-Typ ist, dann setze mit 90 % Wahrscheinlichkeit eine Wasser-Attacke ein, sofern vorhanden, außer du hast ein Karpador, dann setze Platscher ein - so oder ähnlich könnte die Kampf-Logik in "Pokémon" tatsächlich aussehen! Es gibt aber auch Spiele, die sind deutlich komplexer als "Super Mario Bros." oder "Pokémon". Es gibt ja durchaus auch Videogame-Umsetzungen von zahlreichen Brettspielen, und nicht wenige von ihnen sind doch mehr als anspruchsvoll. Dass ein Computer solche Spiele wie "Schach" oder "Die Siedler von Catan" mitspielen und dabei sogar siegreich sein kann, da gehört schon mehr dazu! Tatsächlich konnte bereits 1996 der Schach-Computer Deep Blue den damaligen menschlichen Schach-Weltmeister Garri Kasparow schlagen. Auch in komplexen Aufbauspielen wie "Anno 1602" finde ich es faszinierend, dass die Computergegner ein funktionierendes Weltreich aufbauen können, woran ich selbst mir die Zähne ausbeiße - aber da weiß man freilich auch nicht, ob und wie sehr die Computergegner unbemerkt intern cheaten! Tatsächlich erinnere ich mich aber auch an so manche alte "Anno 1602"-Partie, in der von den bis zu drei Computergegnern mindestens einer nicht wirklich in Fahrt kam. Je weniger Computergegner ich allerdings mitspielen ließ, desto besser entwickelten sie sich, da sie sich einfach nicht gegenseitig in die Quere kamen - tatsächlich hatte ich also gegen nur einen einzigen Computergegner ein schwierigeres Spiel als gegen gleich drei! Das allererste Beispiel einer künstlichen Intelligenz im Spiel entstand bereits im Jahr 1940: Damals wurde in New York der sogenannte Nimatron vorgestellt, ein eigenständiges mechanisches Gerät, das das 2-Spieler-Denkspiel "Nim" mitspielen konnte. Dabei geht es darum, aus einer Reihe von Streichhölzern eine bestimmte Anzahl wegzunehmen, und wer am Ende das letzte Streichholz nehmen muss, gewinnt. 1951 konnte ein anderer, ähnlicher Nim-Automat auf einer Berliner Industrieausstellung sogar den damaligen Wirtschaftsminister Ludwig Erhard schlagen. Und zum Vergleich: Das alles war lange bevor in den 70er Jahren mit "Pong" das erste Computerspiel im heutigen Sinne entstand - und "Pong" wiederum hatte noch gar keine Intelligenz! Bald jedoch wurde KI dann freilich auch in richtige Computerspiele eingebaut. Ein frühes Beispiel hierfür ist etwa "Galaxian" von 1979, eine Weiterentwicklung des klassischen "Space Invaders", wobei die Außeridischen nicht mehr stur von links nach rechts und zurück schwankten, sondern etwas komplexere Bewegungsabläufe hatten und teilweise sogar euren Schüssen ausweichen konnten. Ein Jahr später, 1980, erschien "Pac-Man", und was nicht viele wissen: Die vier Geister haben alle unterschiedliche Bewegungsmuster! Ein Geist beispielsweise jagt euch stur hinterher, ein anderer versucht tatsächlich, euch den Weg abzuschneiden. Ein Geist geht euch sogar scheinbar aus dem Weg, kann dann jedoch stören, wenn ihr euch in einer abgelegenen Ecke vor den anderen Geistern in Sicherheit bringen wollt, und der vierte Geist, nun ja, der ist eine Mischung aus allen anderen! Eine kleine Kuriosität, die ebenfalls nicht unerwäht bleiben darf, ist schließlich der RoboCup, der seit 1995 stattfindet. Dabei handelt es sich um ein Fußball-Turnier, jedoch mit einem wichtigen Unterschied: Die Spieler sind keine Menschen, sondern Roboter, die darauf trainiert wurden, Fußball zu spielen! Klar, so viel Action wie bei der richtigen Fußball-WM gibt es beim RoboCup dann doch nicht, da die Roboter sich schon sehr träge bewegen - gegen die deutsche Nationalelf hätten die wandelnden Blechköpfe keine Chance! Aber kurios und faszinierend ist es trotzdem! So viel zur geschichtlichen Entwicklung, und dann gibt es aber auch in-game noch den ein oder anderen "Charakter", der künstliche Intelligenz verkörpert. Ein Beispiel hierfür ist etwa GLaDOS aus den "Portal"-Spielen. Sie wurde - gemäß der Story des Spiels - von Aperture Science entwickelt, damit der Geist von Cave Johnson nach dessen Tod in digitaler Form weiterleben konnte. Zwar verstarb Cave Johnson bereits lange vor der Vollendung GLaDOS', doch stattdessen wurde kurzhand der Geist von Johnsons Assistentin Caroline in GLaDOS eingespeichert. Leider jedoch fehlte ein Moral-Kern, weswegen GLaDOS nach ihrer Inbetriebnahme das gesamte Forschungszentrum mit tödlichem Nervengift füllte und dadurch nahezu alle Mitarbeiter umbrachte - mit euch als schlafendes Testsubjekt als eine von nur ganz, ganz wenigen Überlebenden. Nachdem ihr aus dem Hyperschlaf erwacht, macht ihr euch zunächst daran, die Portal-Teststrecke zu meistern, der ihr eigentlich zugeteilt seid, doch im Lauf der Zeit merkt ihr, dass da etwas nicht stimmt mit dieser merkwürdigen Computerstimme, die euch begleitet, und so brecht ihr irgendwann aus der Teststrecke aus und schlagt euch durch die Katakomben, um schließlich GLaDOS zu finden und außer Betrieb zu setzen. Das alles passiert in "Portal 1", und im zweiten Teil wird GLaDOS dann wieder in Betrieb genommen und will furchtbare Rache nehmen. Übrigens ist der Name GLaDOS eine Abkürzung für "Genetic Lifeform and Disc Operating System". Ebenfalls als eine Art künstliche Intelligenz könnte man die Digimon bezeichnen, denn sie sind ja im Grunde auch nur Computerdateien. Tatsächlich hatten die Ursprünge von "Digimon" noch nichts mit KI zu tun: 1997 veröffentlichte Bandai in Japan das "Digital Monster" als eine Weiterentwicklung des Tamagotchi. Als virtuelles Haustier musstet ihr euch um euer kleines Digimon kümmern, doch dass es nach Futter schreit, sein Häufchen legt und abends schlafen gehen will, das ist nun wirklich keine Intelligenz! Ganz anders allerdings die Animeserie "Digimon Adventure", die 1999 startete und ab Sommer 2000 auch mit sehr großem Erfolg bei uns in Deutschland bei RTL II lief. Die Serie beginnt damit, dass sieben Kindern sieben merkwürdige kleine Geräte vor die Füße fallen, so genannte Digivice. Als sie die Digivice aufheben, werden die Kinder in die Digiwelt gezogen, eine Welt, die laut Erklärung in der Serie nur innerhalb eines Computer-Netzwerks existiert. Dort treffen sie auf die Digimon, mit denen sie sich anfreunden, und die Digimon sind eben die Dateien in dieser Computerwelt. Sie benehmen sie aber wie echte Tiere und können auch tatsächlich teilweise sehr tiefgründige Gespräche mit den Kindern führen - also, wenn das dann keine künstliche Intelligenz ist, dann weiß ich auch nicht! Man könnte sicher noch zahlreiche weitere Beispiele nennen. Wenn ihr in einem Videospiel etwa einen Roboter steuert, dann erhält dieser ja durch euch als denkender Spieler auch eine Art Intelligenz, zumindest aus Sicht der In-Game-Geschichte. Solch einen Roboter steuert ihr beispielsweise in der "Mega Man"-Reihe. Laut In-Game-Geschichte entwickeln die beiden Professoren Dr. Light und Dr. Wily um das Jahr 2000 herum Roboter als Haushaltshilfen. Dann wird Dr. Wily allerdings größenwahnsinnig und baut Roboter, die ihm helfen sollen, die Weltherrschaft zu erlangen. Dr. Light baut daraufhin den kleinen blauen Roboter Mega Man, um Dr. Wily aufzuhalten. Nachspielen konntet ihr das Abenteuer 1987 in einem bockschweren Jump'n'Run für das NES - Fortsetzungen erscheinen bis heute, noch immer als pixelige Retro-Platformer! Zuletzt kam 2018 "Mega Man 11" u.a. für die Switch heraus. Das war eine kurze Einführung in das Thema "Künstliche Intelligenz und Videogames". Wir konnten natürlich nur grob an der Oberfläche kratzen, denn das Thema ist noch sehr viel komplexer, und auch die Entwicklung ist noch lange nicht abgeschlossen. Spannend ist es aber allemal, also warten wir ab, was die Zukunft bringt!