GAME BOY Nintendo steigt in den letzten Jahren immer mehr in den Mobile-Sektor ein: Smartphone-Spiele wie "Pokémon Go", "Super Mario Run", "Fire Emblem Heroes" oder "Animal Crossing: Pocket Camp" sind sehr erfolgreich, und jetzt wurde auch ein Ableger von "Mario Kart" für Mobiltelefone angekündigt. Gleichzeitig erfreut sich auch Nintendos richtiger Handheld, der Nintendo 3DS, nach wie vor großer Beliebtheit. Und nicht zu vergessen, dass die Switch ebenfalls unterwegs genutzt werden kann. Zeit also, einen Blick zurück auf Nintendos tragbare Anfänge zu werfen! Und damit meine ich: Den Game Boy! Nein, der Game Boy war nicht die allererste Gelegenheit, bei der Nintendo-Spiele unterwegs genutzt werden konnten. Schon viel früher gab es nämlich die "Game & Watch"-Reihe. Insgesamt 56 solcher kleinen Spiele erschienen zwischen 1980 und 1987, sowie zum 30. Jubiläum im Jahr 2010 noch ein 57. Exemplar. Es waren durchaus große Marken dabei, wie Mario, Donkey Kong, Zelda, aber auch Micky Maus, Snoopy oder Popeye. Noch heute steht Nintendo zu diesen Klassikern: 2009 erschien die "Game & Watch Collection" für den Nintendo DS, und in "Super Smash Bros." gibt es Stages, die auf verschiedenen "Game & Watch"-Klassikern basieren sowie sogar Mr. Game & Watch als Kämpfer - das markante Strichmännchen, das in einem Großteil der "Game & Watch"-Titel als namenlose Spielfigur fungiert hat. Die "Game & Watch"-Reihe hatte aber ein Problem: Die Spiele waren fest vorinstalliert und ließen sich nicht austauschen! Für jedes neue Spiel musste also direkt ein ganz neues Gerät gekauft werden. Hier setzt der Game Boy an: Der kleine Handheld schluckte austauschbare Module, die viel einfacher in größerer Anzahl mitgeführt werden konnten, als eine ganze "Game & Watch"-Sammlung. Als Erfinder des Game Boy gilt Gunpei Yokoi, Jahrgang 1941, der aber leider im Jahr 1997 bei einem Autounfall ums Leben kann. Aus heutiger Sicht wirkt der erste Game Boy ein wenig klobig und wird daher von seinen Fans auch liebevoll als "Brotkasten" bezeichnet. Es gab ihn anfangs nur im Standard-Weiß - verschiedene weitere Gehäusefarben folgten erst später. Der Bildschirm kannte keine Farben, sondern stellte alles nur in grünlichem Schwarz-Weiß dar. Hintergrundbeleuchung war damals noch ein Fremdword, der Game Boy ließ sich nur bei guten Lichtverhältnissen nutzen, es gab aber zumindest den so genannten Light Boy, eine direkt an das Gehäuse montierbare Lampe, als Zubehör. Und über all diese Kleinigkeiten sah man gern hinweg, man kannte es damals eh nicht besser. Zumal die handwerkliche Qualität des Game Boy phänomenal war: Sehr bekannt ist das Bild eines verbrannten Game Boy aus dem Golfkrieg. Das Haus, in dem er sich befand, wurde ausgebombt, und äußerlich ist der Game Boy von Ruß verschwärzt und leicht angeschmolzen. Aber: Er läuft noch! Das kleine Wunderwerk wird heute im Nintendo World Store in New York ausgestellt. Und selbst wenn wir in kleineren Maßstäben denken: Ich selbst erinnere mich, dass mir mein Game Boy mal zwei Meter tief auf harte Fliesen geklatscht ist. Er hat keinen Kratzer abbekommen! In der Anfangszeit lag jedem Game Boy das Puzzle-Spiel "Tetris" direkt bei - vielleicht ein Mitgrund dafür, warum "Tetris" heute zu den erfolgreichsten Videospielen aller Zeiten zählt. Ein weiteres frühes Game-Boy-Spiel war z.B. "Super Mario Land", welches sich ganz bewusst in Details von der "Super Mario Bros."-Reihe auf dem NES unterscheidet - statt den Koopa Troopas, in Japan Nokonokos, gibt es hier etwa Nokobons, deren Panzer ihr nicht weg kicken könnt, die dafür aber nach kurzer Zeit explodieren. Und es gab frühe Game-Boy-Erfolgstitel wie "Alleyway", basierend auf dem Geschicklichkeitsklassiker "Break Out", das 4-Spieler-Rennspiel "F1 Race", aber auch "Golf" - damals noch als normales Golfspiel ohne witzige Elemente, aber trotzdem schon mit Mario als Spielfigur. Es erschienen auch frühe Spiele mit Markenfiguren, wie "Bugs Bunny: Crazy Castle" oder "Batman". Also kurzum: Es gab sehr viele nachvollziehbare Gründe dafür, warum der Game Boy bald in gefühlt jeder Hosentasche zu finden war. In den Folgejahren erschienen weitere wichtige Spiele, vor allem "Zelda: Link's Awakening" und "Kirby's Dream Land" - letzteres war im Jahr 1992 das Debut des rosa Edelknödels, damals noch ohne die typische Fähigkeit, sich in Gegner zu Verwandeln. Und damit all diese tollen Spiele nicht nur auf dem kleinen Game-Boy-Bildschirm genossen werden konnte, erschien 1994 des Super Game Boy für das Super Nintendo. Mit diesem Adapter war es möglich, Game-Boy-Spiele auch auf dem Fernseher zu spielen, wobei diese sogar nach Belieben eingefärbt werden konnten. Von da an kamen einige Game-Boy-Spiele aber schon von Haus aus in Vollfarbe daher. Das erste und bekannteste Beispiel dafür ist "Donkey Kong" von 1994, wobei die Farben natürlich auf dem Super Game Boy zur Geltung kamen, der reguläre Game Boy spielte das Spiel nach wie vor in Schwarz-Weiß ab. Jedoch kein Erfolg hält ewig, zumal die Konkurrenz nicht schlief. Es gab den Atari Lynx und den Sega Game Gear, beide punkteten mit ihrem Farbbildschirm, wengleich der Game Gear im Gegenzug an einem sehr hohen Batterieverbrauch krankte. Nintendo färbte zwar ab 1995 auch den Game Boy ein, allerdings bezog sich das nicht auf den Bildschirm: Im Rahmen der Werbekampagne "Play It Loud!" erschienen Game Boys in verschiedenen Gehäusefarben. Ein Versuch, die Verkäufe wieder anzukurbeln. Aber dann, ja, dann kamen die Pokémon! Die ersten Editionen, "Pokémon Rot & Grün", kamen in Japan im Ferbuar 1996 heraus, und damals glaubte noch keiner an einen etwaigen Erfolg. Nintendo veröffentlichte das Monstersammel-RPG in einer sehr vorsichtigen Startauflage von 200.000 Exemplaren - das Spiel schlug ein wie eine Bombe und der Game Boy erlebte quasi über Nacht einen zweiten Frühling! In der Folge veröffentlichte Nintendo den kleineren Game Boy Pocket, den nun viel leichter in die Hosentaschen passte als der alte Brotkasten, und kurz darauf - allerdings nur in Japan - den Game Boy Light, erstmals mit Hintergrundbeleuchtung. Sein Farbdisplay sollte der Game Boy aber erst 1998 endlich bekommen. Dann erschien der Game Boy Color, der immerhin 56 Farben gleichzeitig aus einer Palette von über 32.000 möglichen Farbtönen darstellen konnte. Einige alte Klassiker wie "Zelda: Link's Awakening" oder "Die Schlümpfe im Alptraumland" kamen dann auch als bunte Neuauflagen wieder heraus. Andere neue Spiele wurden von Anfang an für den Game Boy Color entwickelt, wie "Pokémon Gold & Silber" oder "Harvest Moon". Die meisten, wenn auch nicht alle Game-Boy-Color-Spiele ließen sich aber nach wie vor auch auf dem alten Game Boy abspielen, nur dann eben ohne Farbe. Das ist der Grund: Warum Shiny Pokémon nicht nur eine andere Farbe haben, sondern auch von glitzernden Sternchen umgeben sind - allein die andere Farbe hätte man auf dem alten Game Boy nicht gesehen und daher womöglich ein wertvolles Shiny nicht erkannt. Anders beim Game Boy Advance, der im Jahr 2001 erschien, nachdem er unter dem Projektnamen "Atlantis" entwickelt worden war. Bei einem flüchtigen Blick erkennt man erstmals nicht mehr sofort, dass es sich immer noch um einen Game Boy handelt, da die Gehäuseform grundlegend geändert wurde, vor allem hält man den Game Boy Advance jetzt quer und nicht mehr hochkant. Die Rechenleistung hat sich deutlich erhöht, das Display ist nun in Vollfarbe - schon allein deshalb laufen GBA-Spiele nicht mehr auf den bisherigen Game Boys, ungeachtet dessen, dass die Module ohnehin eine andere Form haben. Umgekehrt spielt der Game Boy Advance aber weiterhin brav die klassischen Game-Boy-Titel ab. Der GBA erhielt in den Folgejahre ebenfalls geupdatete Modelle, etwa den "Game Boy Advance SP" im zusammenklappbaren Design und erstmals mit fest verbautem Akku anstatt austauschbaren Batterien. Und zuletzt erschien 2005 der winzig kleine Game Boy Micro - noch ein halbes Jahr, nachdem im März 2005 der Nintendo DS herausgekommen war, der die Game-Boy-Marke erstmals vollständig ablöste. Wenngleich der erste Nintendo DS durchaus noch GBA-Module abspielen konnte. Und auch heute besinnt sich Nintendo noch auf den klassischen Handheld: Zahlreiche Game-Boy-Klassiker finden sich in der Download-Bibliothek des Nintendo 3DS. So kann ich beispielsweise noch heute "Super Mario Land 2" auf einem aktuellen Handheld zocken - das Original war 1992 für den klassischen Game Boy erschienen und war damals mein allererstes Nintendo-Spiel.