DIDDY KONG RACING Die größten Frevel fallen einem immer erst zufällig auf. Beispielsweise habe ich neulich so ganz nebenbei festgestellt, dass ich zwar dauernd verzweifelt nach Spotlight-Themen suche, gleichzeitig aber bisher noch nie "Diddy Kong Racing" vorgestellt habe - dabei habe ich das Spiel zu Weihnachten 1997 ordentlich gezockt. Also folgt jetzt, mit 18 Jahren Verspätung, endlich mein Review! "Diddy Kong Racing" erschien am 21. November 1997 in Europa und Japan, drei Tage später dann auch in den USA. Es handelt sich um einen Fun Racer, womit das Spiel automatisch in direkte Konkurrenz mit "Mario Kart 64" tritt. Das Erstaunliche dabei ist aber, dass "Diddy Kong Racing" diesen scheinbar ungleichen Zweikampf für sich entscheiden kann. Das mag zum einen an der sehr mangelhaften PAL-Anpassung von "Mario Kart 64" liegen, zum anderen aber auch daran, dass "Diddy Kong Racing" im Gegensatz zu seinem Konkurrenten eine Story hat - was für ein Rennspiel damals mehr als ungewöhnlich war! Besagte Story erzählte, dass die Eltern des kleinen Tigers Timber in Urlaub Gefahren sind. Endlich freie Bahn, denkt sich Timber, und so lädt er kurzerhand alle seine Freunde zu spaßigen Wettrennen über die ganze Insel ein. Das Problem ist nur, dass sich der außerirdische Schweinezauberer Wiz Pig selbst ebenfalls einlädt. Er versucht, die Macht über die Insel an sich zu reißen, um von dort aus dann später die ganze Welt zu übernehmen. Das können Timber und seine Freunde aber nicht hinnehmen, und so fahren sie gegen die von Wiz Pig engagierten Wächter und um die Freiheit ihrer Insel. Wenn man die Story so weit liest, dann könnte man sich fragen, warum das Spiel dann bitte schön "Diddy Kong Racing" und nicht "Timber Racing" heißt. Nun, weil einer von Timbers Freunden eben der kleine Affe Diddy Kong ist, und das war wohl ein etwas zugkräftigerer Name. Auch ansonsten sieht man der Auswahl der Charaktere durchaus an, dass das Spiel von Rare entwickelt wurde: Banjo aus "Banjo Kazooie" ist ebenso dabei wie Conker aus "Conker'S Bad Fur Day", die beide in diesem Spiel debutierten, bevor sie ihre eigenen Titel bekamen. Außerdem fahren der Kremling Krunch und die Schildkröte Tiptup mit - letztere habe ich damals als einen Koopa mißinterpretiert, später tauchte sie dann aber in "Banjo Kazooie" wieder auf. Den Dachs Bumper, die Maus Pipsy und auch Timber selbst hat man allerdings nach "Diddy Kong Racing" in keinem anderen Spiel mehr wieder gesehen. Trotz der teilweise unbekannten Charaktere war "Diddy Kong Racing" aber ein Fun Racer erster Güteklasse. Es spielte sich freilich sehr ähnlich wie "Mario Kart 64", musste aber nicht mit zu schnell laufenden Strecken oder plötzlichen Spielabstürzen kämpfen. Eine spielerische Besonderheit im Gegensatz zu "Mario Kart 64" war, abgesehen von der Story, auch die Tatsache, dass ihr vom Kart wahlweise in Flugzeug oder ins Hovercraft umsteigen konnte. Anders als im später erschienenen "Sonic & All Stars Racing Transformed" konntet ihr das Fahrzeug hier zwar nicht mitten im Rennen wechseln, sondern musstet euch zu Beginn jeder Strecke festlegen, doch der Ansatz war da. Außerdem bestand die Möglichkeit, eingesammelte Items aufzuwerten, indem ihr zum zweiten Mal durch einen Ballon (die "Diddy Kong Racing"-Variante der ?-Blöcke) mit der gleichen Farbe fährt. So lange müsst ihr das Item natürlich aufbewahren und dürft es nicht einsetzen, ist es euch das wert? Eine interessante Taktik-Komponente, die in "Mario Kart" bis heute fehlt. Wenn man etwas zum Kritisieren sucht, dann könnte man erwähnen, dass der Story-Modus vielleicht doch ein wenig zu schwer geraten ist. Gerade die letzten Strecken in Wiz Pigs Raumhafen haben damals wahrscheinlich nicht viele Spieler zu Gesicht bekommen. Im Multiplayer-Modus war das Spiel aber für so manchen Zocker eine bessere Wahl als "Mario Kart 64", und das muss auch Nintendo selbst früh gemerkt habe. Das Spiel wurde nämlich erst wenige Wochen vor seinem Release bekannt gegeben. Man munkelt, das liege daran, dass Nintendo die hohe Qualität des Spiels erkannt und es daher möglichst lange zurückhalten wollte, damit die Verkaufszahlen von "Mario Kart 64" nicht allzu früh einbrechen. Dennoch hat es "Diddy Kong Racing" nicht zur Erfolgsserie geschafft: Ein geplanter Nachfolger namens "Donkey Kong Racing" wurde zwar 2001 auf der E3 angekündigt, ist jedoch nie erschienen. Und ein geplanter Handheld-Ableger mit dem Namen "Diddy Kong Pilot" erschien 2005 als "Banjo Pilot" - nur mit Charakteren aus "Banjo Kazooie" und ganz ohne Diddy Kong und die anderen Inselfreunde. Im April 2007 erschien dann zumindest ein Remake des Originals für den Nintendo DS. Hier mussten lediglich Banjo und Conker entfernt und durch Donkey Kong und Dixie Kong ersetzt wurde, weil Rare inzwischen von Microsoft gekauft worden war und deshalb die Rare-eigenen Titelhelden nicht mehr auf Nintendo-Konsolen in Erscheinung treten durften.