CHAOS IM NETZ Sagt mal, erinnert ihr euch noch an das Jahr 2012? Damals kam mit "Ralph reicht's" ein Gaming Moving aus dem Hause Disney ins Kino. Der Film griff damals den Grundgedanken von "Toy Story" auf, spann diese Idee jedoch nicht mit analogen Spielzeugen, sondern mit virtuellen Videospiel-Charakteren weiter. Titelheld des Films ist Ralph, der die böse Hauptrolle in dem Automatenspiel "Fix-it Felix Jr." spielt. Zwar wirkt Ralph vom Design her tatsächlich etwas arg grob, hat in seinem Inneren aber doch einen mehr als weichen Kern, und so reicht's ihm auch mit seinem Dasein als Antiheld. Er schleicht sich in andere Spiele, um dort auch einmal der Held zu sein, richtet dabei aber unbeabsichtigt eine ganze Menge Chaos an. Jedoch lernt er auch die verbuggte kleine Rennfahrerin Vanellope aus dem zuckersüßen Fun Racer "Sugar Rush" kennen, mit der er sich schnell zusammenrauft. Das war, wie gesagt, im Jahr 2012 in dem Film "Ralph reicht's" - und jetzt kommt mit "Chaos im Netz" die Fortsetzung ins Kino! Bei uns in Deutschland ist der Film erst vor wenigen Tagen, am 24. Januar 2019 gestartet, während er in den USA bereits am 21. November 2018 anlief - dort unter dem Titel "Ralph Breaks the Internet", was es bereits vom Titel her deutlicher macht, dass der Film etwas mit "Ralph reicht's" zu tun hat. Denn es ist ohnehin schon sehr selten, dass die Fortsetzung eines Walt Disney Meisterwerks nicht nur den Sprung auf die Kinoleinwand schafft, sondern sogar auch selbst in die Meisterwerke-Reihe aufgenommen wird. Vor Ralph gab es das nur bei "Bernard und Bianca", der Mäusepolizei, in den späten 80er Jahren. Man muss "Ralph reicht's" nicht zwingend gesehen haben, um "Chaos im Netz" verstehen zu können. Der Film setzt die Handlung seines Vorgängers nicht direkt fort, sondern erzählt im Grunde eine eigenständige Geschichte, die lediglich die gleichen Charaktere verwendet. Klar ist es hilfreich, wenn man die Figuren bereits kennt, aber keine Voraussetzung. Das titelgebende Chaos nimmt seinen Anfang, als Ralph seiner Freundin Vanellope eigentlich einen Gefallen tun will. Vanellope fängt nämlich an, sich in "Sugar Rush" zu langweilen, weil es nur drei Strecken im Spiel gibt. Ralph, der ja berufsbedingt Erfahrung mit grober Umgestaltung hat, hämmert kurzerhand eine vierte Strecke in die Botanik, und als Vanellope das entdeckt, ist sie begeistert. Sie pfeift auf die Eingaben der "Sugar Rush"-Spieler und dreht ihre Runden auf Ralphs neuer Strecke. Das hat zur Folge, dass eine Spielerin bei ihren verzweifelten Versuchen, dagegen zu steuern, versehentlich das Lenkrad vom "Sugar Rush"-Automaten abreißt. Und weil ein Ersatz-Lenkrad für diesen antiquierten Automaten zu viel kostet, wird "Sugar Rush" kurzerhand ausgestöpselt. Ralph und Vanellope überlegen nun, wie sie Vanellopes Heimat retten können, und da erinnern sie sich an den Internet-Router, der neulich in der Spielhalle installiert wurde. Kurzerhand klinken sie sich selbst ins Internet ein, sie sind ja glücklicherweise nichts weiter als Computerdaten. Tatsächlich finden sie auf eBay ein "Sugar Rush"-Lenkrad und schaffen es auch, dieses zu ersteigern. Die Probleme beginnen, als es ans Bezahlen geht, denn sie haben voller Euphorie satte 27.001 Dollar geboten - und das Geld gilt es nun, innerhalb von nur 24 Stunden irgendwie online aufzutreiben! Denn wenn nicht, dann verfällt ihr Gebot und "Sugar Rush" ist verloren. Im weiteren Verlauf des Films versuchen Ralph und Vanellope, auf alle möglichen Arten Geld zu verdienen. Sie probieren es mit Werbung, mit lustigen Videos und auch indem sie seltene Items aus Online-Spielen aufspüren, die sie dann teuer verkaufen können. Bei dieser Gelegenheit besuchen sie auch das düstere MMO-Rennspiel "Slaughter Race", das sich um illegale Straßenrennen dreht und in dem sich Vanellope schnell heimisch fühlt, noch viel heimischer als jemals in "Sugar Rush". Und spätestens als Ralph die Gefühle seiner Freundin nicht richtig verstehen kann, beginnen die Ereignisse, sich zu überschlagen ... Wer sich gern im Internet bewegt, der wird in "Chaos im Netz" viele witzige Anspielungen auf die gesamte Netzkultur entdecken können. Das beginnt schon bei kleinen Twitter-Vögelchen, die durch die Gegend flattern. Die Netzwelt selbst ist gestaltet wie eine moderne Großstadt, wobei jede Webseite ein eigenes Hochhaus ist. Von Seite zu Seite bzw. von Haus zu Haus bewegen sich die User bzw. ihre Avatare in kleinen Flugkapseln. Wer sein Ziel nicht selbst findet, der geht zur Search Bar, die hier tatsächlich eine echte Kneipe ist. Und durch zwielichtige Gestalten, die Werbeplakate in die Höhe halten, wird selbst der Spam gekonnt personifiziert. So gut aber das Internet auf die Schippe genommen wird, so wenig hat "Chaos im Netz" auch mit Videogames zu tun, vor allem im Vergleich zu seinem Vorgänger. Vor ein paar Jahren gab es noch die Ankündigung, dass Mario in "Ralph reicht's 2" eine größere Rolle spielen soll, davon ist leider überhaupt nichts übrig geblieben - im Gegenteil, selbst Bowser ist in der Zwischenzeit aus Ralphs Selbsthilfegruppe der Videogame-Bösewichte ausgeschieden! Von bekannten Videospiel-Figuren sind nur Sonic und die Street Fighter übrig geblieben, und auch sie nur in unbedeutenden Nebenrollen. Woher dieser Kurswechsel kommt, lässt sich nur mutmaßen, eine offizielle Stellungsnahme konnten wir jedenfalls nicht finden. Trotzdem, ein sehenswerter Film ist "Chaos im Netz" allemal, und wenn schon nicht mit bekannten Videospiel-Figuren, dann werden wir zumindest mit bekannten Disney-Charakteren überhäuft. Im Verlauf ihrer Tour durchs Netz gelangt Vanellope nämlich auch auf die Disney-Fanseite ohmy.disney.com (die es übrigens wirklich gibt), und dort tummeln sich zahlreiche Disney-Figuren aus allen möglichen alten und neuen Filmen. Bereits vorab wurde die witzige Szene angeteasert, in der Vanellope mit dem kompletten Team von Disney-Prinzessinnen aneinander gerät - von Schneewittchen über Cinderella und Dornröschen bis hin zu Elsa und Vaiana. Und dabei bitte nicht vergessen: Auch Vanellope von Schweetz ist selbst eine Disney-Prinzessin, wenn auch eine sehr untypische! Apropos "vorab angeteasert": Wer sich auch an den kultigen Trailer erinnert, in dem Ralph in ein Pfannkuchen-Minispiel mit Kaninchen eindringt, dem sei dringend geraten, beim Abspann nicht sofort raus zu stürmen, sondern noch sitzen zu bleiben. Es lohnt sich! Wirklich! Nur leider werden das 90 % der Kinogänger nie lernen und verpassen so teilweise die besten Gags der Filme. Unterm Strich spricht "Chaos im Netz" gleich mehrere Zielgruppen an: Videogame-Freunde, die den ersten "Ralph reicht's" gesehen haben, ebenso wie generelle Disney-Fans, aber auch alle, die einfach nur viel und gern online unterwegs sind. Insofern ist es verständlich, dass Disney in den Film vertraut und ihn auch auf die Kinoleinwand bringt. Von uns gibt's eine klare Empfehlung: Geht rein, ihr werdet 113 Minuten lang euren Spaß haben und danach vielleicht das Internet mit anderen Augen sehen! Und falls jetzt gleich unsere Songs nicht starten, dann hat sich wohl Ralph eingemischt und wieder was kaputt gemacht ...